
Immobilienkredite - So machen Banken Kasse:

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Immobilienkredite - So machen Banken Kasse:
Wer eine Immobilie finanziert, muss auch nach Jahren noch mit Ärger rechnen. Wie die Gerichte entscheiden, die Tücken neuer Bankangebote und für wen es sich lohnt, den alten Kredit durch einen neuen zu ersetzen.
Kreditzinsen zügig erhöhen und gemächlich senken – und bei Guthabenzinsen genau anders herum. Dies versuchte die Bielefelder Sparkasse auch beim variabel verzinsten Baudarlehen von Thomas Biernath. Doch der gelernte Diplom-Kaufmann ließ sich vom Zahlenwerk seiner Hausbank nicht beeindrucken und rechnete nach. Mit dem Ergebnis: Er hatte bereits 1400 Euro zu viel für sein Baudarlehen berappen müssen, weil die Sparkasse seinen variablen Zins nicht wie vereinbart an den gesunkenen Vergleichszins – den Satz, zu dem sich die Banken selbst Geld leihen können – angepasst hatte. Biernath forderte Nachbesserung, stieß bei der Sparkasse jedoch auf taube Ohren. Nicht aber vor Gericht: Das gab ihm recht. Er bekam immerhin 1123 Euro von der Bank zurück.
Der Dreh an der Zinsschraube ist nur einer von vielen Kniffen, den Banken und Bausparkassen nutzen, um das Maximum aus ihren Kundenbeziehungen herauszuholen. Jeder noch so kleine Posten ist allein schon dank der Masse der Kredite ein Riesengeschäft: 2006 standen private Immobilienkäufer und Bauherren mit 897 Milliarden Euro bei Banken in der Kreide. Das ist etwa doppelt so viel, wie Bund und Länder zur gleichen Zeit an Steuern eingenommen haben.
Viele dieser Baudarlehen laufen schon zehn oder mehr Jahre, oft zu sechs und mehr Prozent Zins – inzwischen wären eigentlich nur noch durchschnittlich 4,6 Prozent fällig. Je größer die Schere zwischen der alten Forderung und dem aktuellen Marktniveau ist, umso mehr Geld schenken die Kunden den Banken. Denn sie könnten umschulden. Und zwar nicht erst, wenn der Kreditvertrag ausläuft, sondern nach zehn Jahren Laufzeit auch schon vorher.
Wann lohnt es sich den Anbieter zu wechseln? Eine schnelle Rechnung ist schnell Zehntausende Euro wert.
Für manche Immobilienbesitzer wird sich diese Frage schon bald klären, wenn auch ungewollt und anders als erhofft. Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes darf die Hausbank notleidende Baudarlehen auch gegen den Willen des Kunden an Dritte, meist beinharte Finanzinvestoren, verkaufen. Einige Experten befürchten sogar, dass die BGH-Entscheidung auch Kredite betrifft, bei denen die Kunden treu und brav Zins und Tilgung tragen. Das ist nicht das einzige Urteil deutscher Gerichte, das Bewegung in die Immobilienfinanzierung bringt.
Michael und Heike Warnicke* nahmen im März 1997 ein Darlehen über 120.000 Euro bei ihrer Volksbank in Fulda auf, um ein kleines Haus am Stadtrand zu kaufen. Obwohl sich die Warnickes bis 2012 an den hohen Darlehenszins von 6,55 Prozent gebunden hatten, wäre ein Ausstieg schon im März, nach zehn Jahren, möglich gewesen, um auf einen zinsgünstigeren Kredit umzusatteln. Das ist kein Privileg der beiden hessischen Eigenheimer, die gesetzliche Kündigungsfrist gilt für alle Darlehensverträge mit Festzins.
Die Volksbank ließ das Ehepaar darüber im Dunkeln, schließlich verdiente sie an ihnen bestens. Erst ein Tipp aus der Verwandtschaft brachte sie auf die Idee, sich vom alten Darlehen zu trennen. Für den Anschlusskredit bei der ING Diba zahlen sie jetzt nur noch 4,3 Prozent. Monat für Monat sparen sie nun knapp 300 Euro.
Warnickes hatten den Vorteil, die Zehnjahresfrist nutzen zu können. Wer vorher aussteigen will, dem brummt die Bank – vertraglich vereinbart – eine Vorfälligkeitsentschädigung auf. Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich eine Art Strafgebühr für untreue Kunden. So will sich die Bank künftige Zinsgewinne, die ihr mit der Kündigung des Darlehens entgehen, wieder hereinholen.
Rein kaufmännisch wäre dagegen nichts einzuwenden, wenn denn alles korrekt abliefe. Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung legen einige Kreditinstitute jedoch häufig einen Schnaps zu viel drauf, ohne dass dies für den Laien zu erkennen ist.
Besonders beliebt bei diesen Entschädigungs-Rechenspielchen zulasten des Kunden ist die Variante Sondertilgung, nämlich die Möglichkeit, ein- oder mehrere Mal während der Laufzeit des Kredits eine höhere Summe auf einen Schlag zusätzlich als Abtrag zu überweisen. Je nach Vereinbarung können das bis zu zehn Prozent der Darlehenssumme sein – jährlich. Das spart Zinsdienst, erhöht die Tilgung, senkt die Vorfälligkeitsentschädigung. Theoretisch.
Praktisch hat erst im vergangenen Jahr das Landgericht Darmstadt eine Bank dazu verdonnern müssen, die Summe nach eben dieser simplen Logik neu zu berechnen. Die Banker hatten schlichtweg die zukünftigen Sondertilgungen unterschlagen, die der Kunde hätte zahlen dürfen, wäre das Darlehen weitergelaufen. Ob sich der Bankkunde diese zusätzlichen Tilgungen überhaupt hätte leisten können, sei unerheblich, so das Gericht.
Dass die Banken diese Spielregeln allzu oft ignorieren, ist umso ärgerlicher, als dass sie von ihren Kreditkunden für das Recht zur Sondertilgung häufig zwischen 0,05 und 0,25 Prozentpunkte mehr Zins als für ein Standarddarlehen fordern. Trotz der Mehrkosten hält Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung, Sondertilgungen für unverzichtbar: „Baufinanzierer bleiben so flexibel und können trotz eines möglichen Zinsaufschlags viel Geld sparen, weil sie schneller schuldenfrei werden.“ Mittlerweile sei die Baufinanzierung mit Sondertilgungen nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Herbst schätzt, dass 70 bis 80 Prozent der neuen Baudarlehen solche Klauseln einschließen.
Den ständigen Ärger mit Vorfälligkeitsentschädigungen vor Augen, werben mit der Hannoverschen Leben, der Münchner Hypo und der Gladbacher Bank gleich drei Institute mit Krediten, die ganz auf diese Gebühr verzichten. Das entschädigungslose Darlehen lassen sich die Banken aber fürstlich entlohnen. Zwischen 0,2 und 0,45 Prozentpunkte schlagen sie bei den Zinsen drauf.
Das teure Extra lohnt sich daher nur in wenigen Fällen, insbesondere dann, wenn der Kunde schon nach wenigen Jahren aus seinem Vertrag heraus will. „Meist ist der Standardvertrag mit Vorfälligkeitsentschädigung die bessere Alternative für Immobilienfinanzierer, die später vorzeitig umsatteln müssen“, sagt Herbst.
Um der Vorfälligkeitsentschädigung auszuweichen, gibt es auch andere Strategien wie variabel verzinste Darlehen. Weil die Bank den Zins ständig an den Marktzins anpassen kann, verzichtet sie auf die sonst obligatorische Gebühr für Wechselwillige. Aus Kundensicht ist das Ganze also eine Wette auf fallende, aus Banksicht auf steigende Zinsen.
Jetzt, da die Zinsen wieder leicht anziehen, wäre ein variabel verzinstes Darlehen ein Ritt auf der Rasierklinge. Experten wie Thomas Gitzel, Zinsanalyst bei der LBBW, gehen in diesem Jahr von weiter steigenden Hypothekenzinsen aus, auch wenn die Notenbanken zuletzt signalisierten, die Zinsen stabil zu lassen oder nur noch geringfügig anzuheben: „Die Leitzinsen für kurzfristig ausgeliehenes Geld haben wenig Einfluss auf die Hypothekenzinsen für Darlehen über zehn oder mehr Jahre. Wesentlich aussagekräftiger sind die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen und die werden weiter steigen.“ Am Jahresende erwartet Gitzel eine Rendite von 4,2 Prozent für die Festverzinslichen. Nach einer Faustformel, bei der die Banker die Anleihenrendite mit dem Faktor 1,17 multiplizieren, entspräche das einem Hypothekenzinssatz von 4,9 Prozent, also 0,3 Prozentpunkte mehr als jetzt. „Das muss aber noch nicht das Ende sein“, warnt Gitzel.
Statt Darlehen mit einem variablen Zins hält der LBBW-Zinsexperte sogenannte Forward-Darlehen für derzeit sinnvoller. Die funktionieren so: Der Kreditnehmer vereinbart zwei bis drei Jahre vor Auslaufen der Zinsbindungsfrist für das alte Darlehen einen Anschlussvertrag, der ihm schon jetzt die aktuellen Zinsen für die Restschuld sichert. Momentan verzichten einige Anbieter wie die Hannoversche Leben oder die ING Diba sogar auf die sonst üblichen Aufschläge von etwa 0,015 Prozentpunkten pro Monat für die frühzeitige Reservierung der Niedrigzinsen.
Immobilienfinanzierer, die jetzt noch auf einem teuren, alten Kredit mit sechs Prozent sitzen, können per Forward-Darlehen sicher und kostensparend umschulden: FMH ermittelte für eine Restschuld von 200.000 Euro, zwei Jahren Vorlaufzeit, ein Prozent Tilgung und zehn Jahren Zinsbindung bei den derzeit 20 günstigsten Anbietern Darlehenszinsen (effektiv) zwischen 4,19 und 4,44 Prozent.
Günstig umgeschuldet heißt aber nicht automatisch sorgenfrei. Wer seine Finanzierung zu sehr auf Kante näht, kann bei unvorhersehbaren Engpässen jetzt sehr viel schneller in Existenznot geraten. Fallen ein, zwei Monatsraten aus, suchen mittlerweile viele Banken nicht mehr das Gespräch mit dem Kunden, sondern verkaufen für sie lästige Baudarlehen gleich an Spezialisten für notleidende Kredite. Nach dem BGH-Urteil, das diesen Weiterverkauf erleichtert, werden wahrscheinlich noch deutlich mehr Banken diesen Weg gehen.
Damit es gar nicht so weit kommt, empfiehlt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten die wichtigsten Zahlungsausfallrisiken wie Tod oder Berufsunfähigkeit innerhalb der Familie abzusichern: „In den meisten Fällen ist eine Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzpolice die kostengünstigste Lösung.“ Unabhängig davon mache zusätzlich eine Restschuldversicherung Sinn, die prämiensparend immer nur den noch ausstehenden Kreditbetrag absichert.
Doch selbst wer pünktlich zahlt wie Helmut Beerbaum aus Langen bei Frankfurt, ist nicht vor einem Weiterverkauf sicher. Im November 2004 teilte ihm die HypoVereinsbank mit, dass sie sein Baudarlehen an den amerikanischen Investor Lone Star verkauft hat. „Anfangs lief alles korrekt weiter, doch Ende 2005 kündigte Lone Star an, den Zins von 4,25 auf acht bis neun Prozent anzuheben. Das hätten wir unmöglich aus der vermieteten Immobilie erwirtschaften können“, beklagt Beerbaum. Die Lone-Star-Inkasso-Tochter Hudson Advisors drohte daraufhin mit Zwangsversteigerung. Nach einem gescheiterten Versuch, sich gütlich zu einigen, steht das finanzierte Bürogebäude im Frankfurter Süden seit September vergangenen Jahres unter Zwangsverwaltung. Selbst für den Fall, dass sich noch ein Käufer findet, und sich eine Versteigerung mit einem niedrigeren Verkaufserlös abwenden lässt, zieht Beerbaum eine bittere Bilanz: „Wir verlieren auf jeden Fall unser investiertes Eigenkapital und bleiben zusätzlich noch auf Schulden sitzen.“
Da der Bundesgerichtshof noch keine Urteilsbegründung geliefert hat, streiten sich die Experten, ob die obersten Richter den Banken einen Freibrief gegeben haben, auch zuverlässige Kreditkunden auszusortieren. „Zwar gilt der zuständige BGH-Senat als bankenfreundlich, das muss aber nicht zwangsläufig eine kundenfeindliche Auslegung nach sich ziehen“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Thomas Schulte.
Wachsamkeit lohnt sich eben immer für Immobilienbesitzer.
Quelle: Martin Gerth/WiWo
Kreditzinsen zügig erhöhen und gemächlich senken – und bei Guthabenzinsen genau anders herum. Dies versuchte die Bielefelder Sparkasse auch beim variabel verzinsten Baudarlehen von Thomas Biernath. Doch der gelernte Diplom-Kaufmann ließ sich vom Zahlenwerk seiner Hausbank nicht beeindrucken und rechnete nach. Mit dem Ergebnis: Er hatte bereits 1400 Euro zu viel für sein Baudarlehen berappen müssen, weil die Sparkasse seinen variablen Zins nicht wie vereinbart an den gesunkenen Vergleichszins – den Satz, zu dem sich die Banken selbst Geld leihen können – angepasst hatte. Biernath forderte Nachbesserung, stieß bei der Sparkasse jedoch auf taube Ohren. Nicht aber vor Gericht: Das gab ihm recht. Er bekam immerhin 1123 Euro von der Bank zurück.
Der Dreh an der Zinsschraube ist nur einer von vielen Kniffen, den Banken und Bausparkassen nutzen, um das Maximum aus ihren Kundenbeziehungen herauszuholen. Jeder noch so kleine Posten ist allein schon dank der Masse der Kredite ein Riesengeschäft: 2006 standen private Immobilienkäufer und Bauherren mit 897 Milliarden Euro bei Banken in der Kreide. Das ist etwa doppelt so viel, wie Bund und Länder zur gleichen Zeit an Steuern eingenommen haben.
Viele dieser Baudarlehen laufen schon zehn oder mehr Jahre, oft zu sechs und mehr Prozent Zins – inzwischen wären eigentlich nur noch durchschnittlich 4,6 Prozent fällig. Je größer die Schere zwischen der alten Forderung und dem aktuellen Marktniveau ist, umso mehr Geld schenken die Kunden den Banken. Denn sie könnten umschulden. Und zwar nicht erst, wenn der Kreditvertrag ausläuft, sondern nach zehn Jahren Laufzeit auch schon vorher.
Wann lohnt es sich den Anbieter zu wechseln? Eine schnelle Rechnung ist schnell Zehntausende Euro wert.
Für manche Immobilienbesitzer wird sich diese Frage schon bald klären, wenn auch ungewollt und anders als erhofft. Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes darf die Hausbank notleidende Baudarlehen auch gegen den Willen des Kunden an Dritte, meist beinharte Finanzinvestoren, verkaufen. Einige Experten befürchten sogar, dass die BGH-Entscheidung auch Kredite betrifft, bei denen die Kunden treu und brav Zins und Tilgung tragen. Das ist nicht das einzige Urteil deutscher Gerichte, das Bewegung in die Immobilienfinanzierung bringt.
Michael und Heike Warnicke* nahmen im März 1997 ein Darlehen über 120.000 Euro bei ihrer Volksbank in Fulda auf, um ein kleines Haus am Stadtrand zu kaufen. Obwohl sich die Warnickes bis 2012 an den hohen Darlehenszins von 6,55 Prozent gebunden hatten, wäre ein Ausstieg schon im März, nach zehn Jahren, möglich gewesen, um auf einen zinsgünstigeren Kredit umzusatteln. Das ist kein Privileg der beiden hessischen Eigenheimer, die gesetzliche Kündigungsfrist gilt für alle Darlehensverträge mit Festzins.
Die Volksbank ließ das Ehepaar darüber im Dunkeln, schließlich verdiente sie an ihnen bestens. Erst ein Tipp aus der Verwandtschaft brachte sie auf die Idee, sich vom alten Darlehen zu trennen. Für den Anschlusskredit bei der ING Diba zahlen sie jetzt nur noch 4,3 Prozent. Monat für Monat sparen sie nun knapp 300 Euro.
Warnickes hatten den Vorteil, die Zehnjahresfrist nutzen zu können. Wer vorher aussteigen will, dem brummt die Bank – vertraglich vereinbart – eine Vorfälligkeitsentschädigung auf. Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich eine Art Strafgebühr für untreue Kunden. So will sich die Bank künftige Zinsgewinne, die ihr mit der Kündigung des Darlehens entgehen, wieder hereinholen.
Rein kaufmännisch wäre dagegen nichts einzuwenden, wenn denn alles korrekt abliefe. Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung legen einige Kreditinstitute jedoch häufig einen Schnaps zu viel drauf, ohne dass dies für den Laien zu erkennen ist.
Besonders beliebt bei diesen Entschädigungs-Rechenspielchen zulasten des Kunden ist die Variante Sondertilgung, nämlich die Möglichkeit, ein- oder mehrere Mal während der Laufzeit des Kredits eine höhere Summe auf einen Schlag zusätzlich als Abtrag zu überweisen. Je nach Vereinbarung können das bis zu zehn Prozent der Darlehenssumme sein – jährlich. Das spart Zinsdienst, erhöht die Tilgung, senkt die Vorfälligkeitsentschädigung. Theoretisch.
Praktisch hat erst im vergangenen Jahr das Landgericht Darmstadt eine Bank dazu verdonnern müssen, die Summe nach eben dieser simplen Logik neu zu berechnen. Die Banker hatten schlichtweg die zukünftigen Sondertilgungen unterschlagen, die der Kunde hätte zahlen dürfen, wäre das Darlehen weitergelaufen. Ob sich der Bankkunde diese zusätzlichen Tilgungen überhaupt hätte leisten können, sei unerheblich, so das Gericht.
Dass die Banken diese Spielregeln allzu oft ignorieren, ist umso ärgerlicher, als dass sie von ihren Kreditkunden für das Recht zur Sondertilgung häufig zwischen 0,05 und 0,25 Prozentpunkte mehr Zins als für ein Standarddarlehen fordern. Trotz der Mehrkosten hält Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung, Sondertilgungen für unverzichtbar: „Baufinanzierer bleiben so flexibel und können trotz eines möglichen Zinsaufschlags viel Geld sparen, weil sie schneller schuldenfrei werden.“ Mittlerweile sei die Baufinanzierung mit Sondertilgungen nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Herbst schätzt, dass 70 bis 80 Prozent der neuen Baudarlehen solche Klauseln einschließen.
Den ständigen Ärger mit Vorfälligkeitsentschädigungen vor Augen, werben mit der Hannoverschen Leben, der Münchner Hypo und der Gladbacher Bank gleich drei Institute mit Krediten, die ganz auf diese Gebühr verzichten. Das entschädigungslose Darlehen lassen sich die Banken aber fürstlich entlohnen. Zwischen 0,2 und 0,45 Prozentpunkte schlagen sie bei den Zinsen drauf.
Das teure Extra lohnt sich daher nur in wenigen Fällen, insbesondere dann, wenn der Kunde schon nach wenigen Jahren aus seinem Vertrag heraus will. „Meist ist der Standardvertrag mit Vorfälligkeitsentschädigung die bessere Alternative für Immobilienfinanzierer, die später vorzeitig umsatteln müssen“, sagt Herbst.
Um der Vorfälligkeitsentschädigung auszuweichen, gibt es auch andere Strategien wie variabel verzinste Darlehen. Weil die Bank den Zins ständig an den Marktzins anpassen kann, verzichtet sie auf die sonst obligatorische Gebühr für Wechselwillige. Aus Kundensicht ist das Ganze also eine Wette auf fallende, aus Banksicht auf steigende Zinsen.
Jetzt, da die Zinsen wieder leicht anziehen, wäre ein variabel verzinstes Darlehen ein Ritt auf der Rasierklinge. Experten wie Thomas Gitzel, Zinsanalyst bei der LBBW, gehen in diesem Jahr von weiter steigenden Hypothekenzinsen aus, auch wenn die Notenbanken zuletzt signalisierten, die Zinsen stabil zu lassen oder nur noch geringfügig anzuheben: „Die Leitzinsen für kurzfristig ausgeliehenes Geld haben wenig Einfluss auf die Hypothekenzinsen für Darlehen über zehn oder mehr Jahre. Wesentlich aussagekräftiger sind die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen und die werden weiter steigen.“ Am Jahresende erwartet Gitzel eine Rendite von 4,2 Prozent für die Festverzinslichen. Nach einer Faustformel, bei der die Banker die Anleihenrendite mit dem Faktor 1,17 multiplizieren, entspräche das einem Hypothekenzinssatz von 4,9 Prozent, also 0,3 Prozentpunkte mehr als jetzt. „Das muss aber noch nicht das Ende sein“, warnt Gitzel.
Statt Darlehen mit einem variablen Zins hält der LBBW-Zinsexperte sogenannte Forward-Darlehen für derzeit sinnvoller. Die funktionieren so: Der Kreditnehmer vereinbart zwei bis drei Jahre vor Auslaufen der Zinsbindungsfrist für das alte Darlehen einen Anschlussvertrag, der ihm schon jetzt die aktuellen Zinsen für die Restschuld sichert. Momentan verzichten einige Anbieter wie die Hannoversche Leben oder die ING Diba sogar auf die sonst üblichen Aufschläge von etwa 0,015 Prozentpunkten pro Monat für die frühzeitige Reservierung der Niedrigzinsen.
Immobilienfinanzierer, die jetzt noch auf einem teuren, alten Kredit mit sechs Prozent sitzen, können per Forward-Darlehen sicher und kostensparend umschulden: FMH ermittelte für eine Restschuld von 200.000 Euro, zwei Jahren Vorlaufzeit, ein Prozent Tilgung und zehn Jahren Zinsbindung bei den derzeit 20 günstigsten Anbietern Darlehenszinsen (effektiv) zwischen 4,19 und 4,44 Prozent.
Günstig umgeschuldet heißt aber nicht automatisch sorgenfrei. Wer seine Finanzierung zu sehr auf Kante näht, kann bei unvorhersehbaren Engpässen jetzt sehr viel schneller in Existenznot geraten. Fallen ein, zwei Monatsraten aus, suchen mittlerweile viele Banken nicht mehr das Gespräch mit dem Kunden, sondern verkaufen für sie lästige Baudarlehen gleich an Spezialisten für notleidende Kredite. Nach dem BGH-Urteil, das diesen Weiterverkauf erleichtert, werden wahrscheinlich noch deutlich mehr Banken diesen Weg gehen.
Damit es gar nicht so weit kommt, empfiehlt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten die wichtigsten Zahlungsausfallrisiken wie Tod oder Berufsunfähigkeit innerhalb der Familie abzusichern: „In den meisten Fällen ist eine Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzpolice die kostengünstigste Lösung.“ Unabhängig davon mache zusätzlich eine Restschuldversicherung Sinn, die prämiensparend immer nur den noch ausstehenden Kreditbetrag absichert.
Doch selbst wer pünktlich zahlt wie Helmut Beerbaum aus Langen bei Frankfurt, ist nicht vor einem Weiterverkauf sicher. Im November 2004 teilte ihm die HypoVereinsbank mit, dass sie sein Baudarlehen an den amerikanischen Investor Lone Star verkauft hat. „Anfangs lief alles korrekt weiter, doch Ende 2005 kündigte Lone Star an, den Zins von 4,25 auf acht bis neun Prozent anzuheben. Das hätten wir unmöglich aus der vermieteten Immobilie erwirtschaften können“, beklagt Beerbaum. Die Lone-Star-Inkasso-Tochter Hudson Advisors drohte daraufhin mit Zwangsversteigerung. Nach einem gescheiterten Versuch, sich gütlich zu einigen, steht das finanzierte Bürogebäude im Frankfurter Süden seit September vergangenen Jahres unter Zwangsverwaltung. Selbst für den Fall, dass sich noch ein Käufer findet, und sich eine Versteigerung mit einem niedrigeren Verkaufserlös abwenden lässt, zieht Beerbaum eine bittere Bilanz: „Wir verlieren auf jeden Fall unser investiertes Eigenkapital und bleiben zusätzlich noch auf Schulden sitzen.“
Da der Bundesgerichtshof noch keine Urteilsbegründung geliefert hat, streiten sich die Experten, ob die obersten Richter den Banken einen Freibrief gegeben haben, auch zuverlässige Kreditkunden auszusortieren. „Zwar gilt der zuständige BGH-Senat als bankenfreundlich, das muss aber nicht zwangsläufig eine kundenfeindliche Auslegung nach sich ziehen“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Thomas Schulte.
Wachsamkeit lohnt sich eben immer für Immobilienbesitzer.
Quelle: Martin Gerth/WiWo