
Fehlinvestitionen in Ökostrom - Desaster Energiewende

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Fehlinvestitionen in Ökostrom - Desaster Energiewende
Nationale Alleingänge führen zu „kompletten Fehlinvestitionen in Ökostrom“, sagt der deutsche Ökonom Bettzüge. Er fordert Quoten statt Subventionen für „grüne Energie“.
Die deutsche Nuklearindustrie hat es immer schon gewusst. Berlin wird der Ausstieg aus der Atomenergie teuer zu stehen kommen. Und wenn die Atomkonzerne dafür selbst sorgen müssen: 15 Mrd. Euro Schadenersatz fordern E.On und RWE vom deutschen Fiskus. Aber sie sind nicht die Einzigen, die am radikalen Schwenk zu einer Energieversorgung aus Wind- und Sonnenkraft zu nagen haben.
Denn die neuen Windräder im Norden liefern oft so viel Strom, dass die Netze der Nachbarländer knapp vor dem Zusammenbruch stehen. Auf der anderen Seite bekommt der industriereiche Süden des Landes zusehends Probleme, die Stromversorgung zu sichern.
Probleme wie in der Eurokrise
Wurzel allen Übels seien die nationalen Alleingänge in Europas Energiepolitik, sagt der Kölner Ökonom Marc Oliver Bettzüge. Die Probleme seien ähnlich gelagert wie in der Eurokrise: Wie der Währungsunion ein gemeinsamer Fiskalpakt fehle, so bleibe auch der europäische Energie-Binnenmarkt ohne gemeinsame Energiepolitik nur ein Scherbenhaufen. „Im Moment produziert Europa möglichst wenig Strom für möglichst viel Geld“, sagt Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber. Die Vielzahl an nationalen Förderungen für Ökostrombetreiber sei „Gift“ für die Energiewirtschaft. Auch Bettzüge vermisst „vernünftige Preissignale“. Die Folge seien „komplette Fehlinvestitionen und mangelnde Innovation bei erneuerbaren Energien“.
„Ende der Dauerförderung“
Etliche EU-Mitglieder haben bereits reagiert und die Förderbremse gezogen. Auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger sprach sich erst kürzlich dafür aus, „eine Art Geschwindigkeitsbegrenzung beim weiteren Zubau von erneuerbaren Energieträgern“ einzuziehen.
Bettzüge geht das nicht weit genug. Er fordert, dass die nationalen Regierungen die Energiepolitik an die EU abgeben. Brüssel solle künftig den Energiemix des Kontinents bestimmen. Um vom teuren Fördersystem wegzukommen, schlägt der Ökonom eine Quotenregelung vor, die jeden Energieversorger verpflichten würde, einen bestimmten Anteil an erneuerbarer Energie im Angebot zu haben. In welche Technologien an welchen Standorten in Europa investiert werde, würde dann nicht länger der Staat, sondern Firmen entscheiden. Und dabei vielleicht etwas weniger auf die Interessen einer starken Agrarlobby achten. Als warnendes Beispiel dienen deutsche Politiker, die Unsummen in die Förderung von Fotovoltaikanlagen gepumpt haben, um die lokale Industrie zu stützen. Nun ist eines der sonnenärmsten Länder Europas zwar flächendeckend mit Solaranlagen versorgt. Geliefert haben sie aber vorwiegend Hersteller aus China.
Auch Österreichs Energieregulator Martin Graf plädiert für ein Ende der „Dauerförderung“. Sie habe nämlich noch einen zweiten negativen Effekt: Investitionen in fossile Kraftwerke, die zur Sicherung der Energieversorgung nötig sind, rechnen sich derzeit einfach nicht. Schon wird überlegt, Gaskraftbetreiber mit Steuergeld zu locken, damit sie Kraftwerke bauen. Dann gäbe es kaum noch Stromerzeuger, die nicht am staatlichen Fördertropf hängen.
Eine Flat-Tax für Gaskraftwerke
Für den Ökonomen Bettzüge ist das eine Schreckensvision. Sein Energiewirtschaftliches Institut hat deshalb ein Gegenmodell erarbeitet, mit dem der Bau von Gaskraftwerken auch ohne staatlichen Eingriff wieder lukrativ werden soll. Betreiber könnten Strom demnach nicht nur dann verkaufen, wenn alle anderen Quellen auslassen, sondern dürften eine Art Jahresgebühr dafür einheben, dass sie bei Engpässen Strom liefern.
So könnte vielleicht ein Paradoxon der Energiewende beseitigt werden: Derzeit sind Braunkohlekraftwerke der wirtschaftlichste Weg, um die Schwankungen der „grünen“ Stromproduktion auszugleichen. Leider sind sie auch die umweltschädlichste Variante.
* Die Presse
Die deutsche Nuklearindustrie hat es immer schon gewusst. Berlin wird der Ausstieg aus der Atomenergie teuer zu stehen kommen. Und wenn die Atomkonzerne dafür selbst sorgen müssen: 15 Mrd. Euro Schadenersatz fordern E.On und RWE vom deutschen Fiskus. Aber sie sind nicht die Einzigen, die am radikalen Schwenk zu einer Energieversorgung aus Wind- und Sonnenkraft zu nagen haben.
Denn die neuen Windräder im Norden liefern oft so viel Strom, dass die Netze der Nachbarländer knapp vor dem Zusammenbruch stehen. Auf der anderen Seite bekommt der industriereiche Süden des Landes zusehends Probleme, die Stromversorgung zu sichern.
Probleme wie in der Eurokrise
Wurzel allen Übels seien die nationalen Alleingänge in Europas Energiepolitik, sagt der Kölner Ökonom Marc Oliver Bettzüge. Die Probleme seien ähnlich gelagert wie in der Eurokrise: Wie der Währungsunion ein gemeinsamer Fiskalpakt fehle, so bleibe auch der europäische Energie-Binnenmarkt ohne gemeinsame Energiepolitik nur ein Scherbenhaufen. „Im Moment produziert Europa möglichst wenig Strom für möglichst viel Geld“, sagt Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber. Die Vielzahl an nationalen Förderungen für Ökostrombetreiber sei „Gift“ für die Energiewirtschaft. Auch Bettzüge vermisst „vernünftige Preissignale“. Die Folge seien „komplette Fehlinvestitionen und mangelnde Innovation bei erneuerbaren Energien“.
„Ende der Dauerförderung“
Etliche EU-Mitglieder haben bereits reagiert und die Förderbremse gezogen. Auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger sprach sich erst kürzlich dafür aus, „eine Art Geschwindigkeitsbegrenzung beim weiteren Zubau von erneuerbaren Energieträgern“ einzuziehen.
Bettzüge geht das nicht weit genug. Er fordert, dass die nationalen Regierungen die Energiepolitik an die EU abgeben. Brüssel solle künftig den Energiemix des Kontinents bestimmen. Um vom teuren Fördersystem wegzukommen, schlägt der Ökonom eine Quotenregelung vor, die jeden Energieversorger verpflichten würde, einen bestimmten Anteil an erneuerbarer Energie im Angebot zu haben. In welche Technologien an welchen Standorten in Europa investiert werde, würde dann nicht länger der Staat, sondern Firmen entscheiden. Und dabei vielleicht etwas weniger auf die Interessen einer starken Agrarlobby achten. Als warnendes Beispiel dienen deutsche Politiker, die Unsummen in die Förderung von Fotovoltaikanlagen gepumpt haben, um die lokale Industrie zu stützen. Nun ist eines der sonnenärmsten Länder Europas zwar flächendeckend mit Solaranlagen versorgt. Geliefert haben sie aber vorwiegend Hersteller aus China.
Auch Österreichs Energieregulator Martin Graf plädiert für ein Ende der „Dauerförderung“. Sie habe nämlich noch einen zweiten negativen Effekt: Investitionen in fossile Kraftwerke, die zur Sicherung der Energieversorgung nötig sind, rechnen sich derzeit einfach nicht. Schon wird überlegt, Gaskraftbetreiber mit Steuergeld zu locken, damit sie Kraftwerke bauen. Dann gäbe es kaum noch Stromerzeuger, die nicht am staatlichen Fördertropf hängen.
Eine Flat-Tax für Gaskraftwerke
Für den Ökonomen Bettzüge ist das eine Schreckensvision. Sein Energiewirtschaftliches Institut hat deshalb ein Gegenmodell erarbeitet, mit dem der Bau von Gaskraftwerken auch ohne staatlichen Eingriff wieder lukrativ werden soll. Betreiber könnten Strom demnach nicht nur dann verkaufen, wenn alle anderen Quellen auslassen, sondern dürften eine Art Jahresgebühr dafür einheben, dass sie bei Engpässen Strom liefern.
So könnte vielleicht ein Paradoxon der Energiewende beseitigt werden: Derzeit sind Braunkohlekraftwerke der wirtschaftlichste Weg, um die Schwankungen der „grünen“ Stromproduktion auszugleichen. Leider sind sie auch die umweltschädlichste Variante.
* Die Presse
Solarbranche im Tal des Todes
Die deutschen Solarfirmen kämpfen ums Überleben. Nach Ansicht des chinesischen Weltmarktführers Suntech wird das so weitergehen – Deutschland habe als Standort für die Solarbranche keine Zukunft
Wer Andrew Beebe zuhört, muss früher oder später zu der Überzeugung gelangen, dass die gesamte deutsche Solarindustrie dem Untergang geweiht ist. Der US-Amerikaner Beebe ist Vertriebsvorstand des weltgrößten Solarkonzerns Suntech aus China. Er gibt Deutschland als Standort für die Photovoltaik-Industrie kaum noch eine Chance. „Wir durchschreiten ein Tal des Todes“, sagt er am Rande der weltweit führenden Solarmesse Intersolar, die derzeit in München stattfindet.
Beebe spielt auf die extrem angespannte Situation in der Solarwirtschaft an. Die Branche leidet weltweit unter dramatischen Überkapazitäten. Im Boom der vergangenen Jahre expandierten die Unternehmen, Fabriken wurden aus dem Boden gestampft. Nun übersteigt das Angebot die Nachfrage bei weitem. Die Preise sind im Keller.
Deutschen Solarfirmen setzt das besonders zu. Die Welle der Insolvenzen reißt nicht ab. Erst am Mittwoch hat das Dresdner Photovoltaikunternehmen Solarwatt Insolvenz angemeldet – als bislang jüngster Fall in einer ganzen Reihe von Pleiten. „Marktbereinigung“ nennen das Ökonomen.
Was bleibt?
Ob es nach dieser harten Konsolidierungsphase überhaupt noch deutsche Solarunternehmen geben werde, wird Andrew Beebe gefragt. Seine Antwort: „Wenn sich nicht einige Modul-Hersteller zusammenschließen, sehe ich kein deutsches Unternehmen an der Spitze.“ Selbst der deutschen Branchengröße Solarworld will Beebe nur geringe Chance einräumen: Als „Markenname“ könne Solarworld vielleicht überleben. Soll heißen: als Produzent eher nicht.
Spätestens hier muss man wissen, dass Solarworld eine Art Erzfeind von Suntech ist. Das Bonner Unternehmen war maßgeblich an der Anti-Dumping-Klage gegen chinesische Solarhersteller in den USA beteiligt. Daraufhin verhängte das US-Handelsministerium vorläufige Strafzölle auf chinesische Solarimporte. Suntech wurde mit Zöllen von rund 31 Prozent belegt. Nun will Solarworld mit Unterstützung anderer europäischer Anbieter auch in Brüssel eine Klage einreichen. Die EU-Beschwerde soll laut Solarworld-Chef Frank Asbeck „so schnell wie möglich“ erhoben werden.
Harte Bandagen
Suntech-Vorstand Beebe hat für diesen aggressiven Kurs keinerlei Verständnis. Er hält die Strafzölle für völlig unberechtigt. Auf die Frage, ob Suntech jemals unter seinen Produktionskosten verkaufe – also Dumping betreibe – antwortet er: „definitiv nicht“. Das Unternehmen habe „niemals“ Produkte unter Preis verkauft, um in einen neuen Markt eintreten zu können.
Wichtiger ist ihm aber etwas anders: Zölle oder gar Handelskriege führen seiner Ansicht nach in die falsche Richtung. „Das Ziel muss sein: Solarenergie zu Tiefpreisen“, sagt er. „Wir wollen Solarenergie billig machen.“ Es sei abwegig, diese Entwicklung stoppen zu wollen. Beebes Logik: Nur wenn Solarmodule günstig sind, können sie sich auf breiter Front durchsetzen. Für Beebe ist der Preis das zentrale Argument. Bei gleicher Qualität wird sich der günstigste Anbieter durchsetzen – daran könnten auch Anti-Dumping-Klagen nicht ändern.
Und dann schiebt Beebe eine kleine Drohung nach: Es sei nicht auszuschließen, dass die chinesische Regierung ihrerseits mit Einfuhrzöllen auf Solarsilizium gegenhalten könnte. Das könnte dann unter anderem Produzenten wie die deutsche Wacker Chemie betreffen.
Qualität aus China
Mit chinesischen Löhnen können deutsche Hersteller aber nicht konkurrieren. Sie haben deshalb einen Kostennachteil. Dieser wird längst nicht mehr durch die hohe Qualität ausgeglichen – auch „made in China“ ist mittlerweile hochwertig.
Das alles verheißt nichts Gutes für die deutsche Solarindustrie. Die Unternehmen fürchten nach der Pleiteserie der vergangenen Monate den Verlust von weiteren tausenden Arbeitsplätzen in Deutschland. Auf der Münchner Intersolar ist die Stimmung dementsprechend gedrückt. In einer Umfrage zur Geschäftslage der Photovoltaik äußerten sich die Firmen pessimistischer als je zuvor seit Beginn der Befragung 2005. „Es war noch nie so schlecht“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig bei der Eröffnung der Messe, zu der bis Freitag rund 80 000 Besucher erwartet werden.
Am Ende hält Suntech-Manager Beebe für Deutschlands Solarbranche doch noch einen kleinen Trost bereit: Durch die immer billigeren Solarmodule werde die Nachfrage steigen. Und das schaffe neue, gut bezahlte Jobs für Elektriker und Installateure. Die Module, die sie auf deutsche Dächer schrauben, kommen dann freilich aus China.
* Focus
Wer Andrew Beebe zuhört, muss früher oder später zu der Überzeugung gelangen, dass die gesamte deutsche Solarindustrie dem Untergang geweiht ist. Der US-Amerikaner Beebe ist Vertriebsvorstand des weltgrößten Solarkonzerns Suntech aus China. Er gibt Deutschland als Standort für die Photovoltaik-Industrie kaum noch eine Chance. „Wir durchschreiten ein Tal des Todes“, sagt er am Rande der weltweit führenden Solarmesse Intersolar, die derzeit in München stattfindet.
Beebe spielt auf die extrem angespannte Situation in der Solarwirtschaft an. Die Branche leidet weltweit unter dramatischen Überkapazitäten. Im Boom der vergangenen Jahre expandierten die Unternehmen, Fabriken wurden aus dem Boden gestampft. Nun übersteigt das Angebot die Nachfrage bei weitem. Die Preise sind im Keller.
Deutschen Solarfirmen setzt das besonders zu. Die Welle der Insolvenzen reißt nicht ab. Erst am Mittwoch hat das Dresdner Photovoltaikunternehmen Solarwatt Insolvenz angemeldet – als bislang jüngster Fall in einer ganzen Reihe von Pleiten. „Marktbereinigung“ nennen das Ökonomen.
Was bleibt?
Ob es nach dieser harten Konsolidierungsphase überhaupt noch deutsche Solarunternehmen geben werde, wird Andrew Beebe gefragt. Seine Antwort: „Wenn sich nicht einige Modul-Hersteller zusammenschließen, sehe ich kein deutsches Unternehmen an der Spitze.“ Selbst der deutschen Branchengröße Solarworld will Beebe nur geringe Chance einräumen: Als „Markenname“ könne Solarworld vielleicht überleben. Soll heißen: als Produzent eher nicht.
Spätestens hier muss man wissen, dass Solarworld eine Art Erzfeind von Suntech ist. Das Bonner Unternehmen war maßgeblich an der Anti-Dumping-Klage gegen chinesische Solarhersteller in den USA beteiligt. Daraufhin verhängte das US-Handelsministerium vorläufige Strafzölle auf chinesische Solarimporte. Suntech wurde mit Zöllen von rund 31 Prozent belegt. Nun will Solarworld mit Unterstützung anderer europäischer Anbieter auch in Brüssel eine Klage einreichen. Die EU-Beschwerde soll laut Solarworld-Chef Frank Asbeck „so schnell wie möglich“ erhoben werden.
Harte Bandagen
Suntech-Vorstand Beebe hat für diesen aggressiven Kurs keinerlei Verständnis. Er hält die Strafzölle für völlig unberechtigt. Auf die Frage, ob Suntech jemals unter seinen Produktionskosten verkaufe – also Dumping betreibe – antwortet er: „definitiv nicht“. Das Unternehmen habe „niemals“ Produkte unter Preis verkauft, um in einen neuen Markt eintreten zu können.
Wichtiger ist ihm aber etwas anders: Zölle oder gar Handelskriege führen seiner Ansicht nach in die falsche Richtung. „Das Ziel muss sein: Solarenergie zu Tiefpreisen“, sagt er. „Wir wollen Solarenergie billig machen.“ Es sei abwegig, diese Entwicklung stoppen zu wollen. Beebes Logik: Nur wenn Solarmodule günstig sind, können sie sich auf breiter Front durchsetzen. Für Beebe ist der Preis das zentrale Argument. Bei gleicher Qualität wird sich der günstigste Anbieter durchsetzen – daran könnten auch Anti-Dumping-Klagen nicht ändern.
Und dann schiebt Beebe eine kleine Drohung nach: Es sei nicht auszuschließen, dass die chinesische Regierung ihrerseits mit Einfuhrzöllen auf Solarsilizium gegenhalten könnte. Das könnte dann unter anderem Produzenten wie die deutsche Wacker Chemie betreffen.
Qualität aus China
Mit chinesischen Löhnen können deutsche Hersteller aber nicht konkurrieren. Sie haben deshalb einen Kostennachteil. Dieser wird längst nicht mehr durch die hohe Qualität ausgeglichen – auch „made in China“ ist mittlerweile hochwertig.
Das alles verheißt nichts Gutes für die deutsche Solarindustrie. Die Unternehmen fürchten nach der Pleiteserie der vergangenen Monate den Verlust von weiteren tausenden Arbeitsplätzen in Deutschland. Auf der Münchner Intersolar ist die Stimmung dementsprechend gedrückt. In einer Umfrage zur Geschäftslage der Photovoltaik äußerten sich die Firmen pessimistischer als je zuvor seit Beginn der Befragung 2005. „Es war noch nie so schlecht“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig bei der Eröffnung der Messe, zu der bis Freitag rund 80 000 Besucher erwartet werden.
Am Ende hält Suntech-Manager Beebe für Deutschlands Solarbranche doch noch einen kleinen Trost bereit: Durch die immer billigeren Solarmodule werde die Nachfrage steigen. Und das schaffe neue, gut bezahlte Jobs für Elektriker und Installateure. Die Module, die sie auf deutsche Dächer schrauben, kommen dann freilich aus China.
* Focus
Die 7 bitteren Wahrheiten über Öko-Strom
BILD nennt sieben irre Wahrheiten:
1. Es gibt zu viel Ökostrom!
In Deutschland kommt derzeit ein Fünftel des Stroms aus Wind, Sonne etc. Trend rasant steigend. Weil alte Kraftwerke noch nicht abgeschaltet sind, wird der Ökostrom oft nicht ins Netz eingespeist – aus Furcht vor einer Überlastung der Leitung.
2. Die Ökostrom-Zuschüsse explodieren!
Die Solarförderung wird immer teurer, 2013 könnte die Umlage um rund 40 % auf 5 Cent/kWh steigen. Dennoch sind die Bundesländer gegen eine Förderkürzung. Folge: Jeder Blockademonat kostet Verbraucher vier Mrd. Euro extra (über 20 Jahre).
3. Wir zahlen auch für nicht genutzten Strom!
Selbst wenn Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen keinen Strom ins Netz einspeisen, erhalten sie ihre Vergütung. 2010 legten die Ausgaben für nicht genutzten Strom (Wind) um 70 % zu! Michael Fuchs (CDU): „Das ist paradox, muss schleunigst geändert werden.“
4. Wir verschenken Strom ins Ausland!
Überschüssiger Strom wird zum Teil ans Ausland verschenkt (z. B. Österreich) – und anschließend als „grüner“ Strom aus Wasserkraftwerken teuer zurückgekauft.
5. Wir tricksen beim Ökostrom!
Stromhändler können Atomstrom zu Ökostrom umdeklarieren, indem sie sogenannte RECS-Zertifikate (Erneuerbare-Energien-Zertifikate) kaufen.
6. Es gibt KEINE Ökostrom-Garantie!
Kunden von Ökostromtarifen zahlen im Schnitt 2 Cent/kWh mehr, haben aber keine Ökogarantie. Viele Versorger liefern Atomstrom mit, weil sie ihn nicht von Ökostrom trennen können.
7. Wir subventionieren Chinas Solarfirmen!
Solar-Sterben in Deutschland, zugleich Kredite für chinesische Solarfirmen: Die staatseigene KfW Förderbank hat China einen 75-Mio.-Kredit bereitgestellt. Das Geld floss u. a. an die Firmen Sunergy, LDK Solar.
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1. Es gibt zu viel Ökostrom!
In Deutschland kommt derzeit ein Fünftel des Stroms aus Wind, Sonne etc. Trend rasant steigend. Weil alte Kraftwerke noch nicht abgeschaltet sind, wird der Ökostrom oft nicht ins Netz eingespeist – aus Furcht vor einer Überlastung der Leitung.
2. Die Ökostrom-Zuschüsse explodieren!
Die Solarförderung wird immer teurer, 2013 könnte die Umlage um rund 40 % auf 5 Cent/kWh steigen. Dennoch sind die Bundesländer gegen eine Förderkürzung. Folge: Jeder Blockademonat kostet Verbraucher vier Mrd. Euro extra (über 20 Jahre).
3. Wir zahlen auch für nicht genutzten Strom!
Selbst wenn Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen keinen Strom ins Netz einspeisen, erhalten sie ihre Vergütung. 2010 legten die Ausgaben für nicht genutzten Strom (Wind) um 70 % zu! Michael Fuchs (CDU): „Das ist paradox, muss schleunigst geändert werden.“
4. Wir verschenken Strom ins Ausland!
Überschüssiger Strom wird zum Teil ans Ausland verschenkt (z. B. Österreich) – und anschließend als „grüner“ Strom aus Wasserkraftwerken teuer zurückgekauft.
5. Wir tricksen beim Ökostrom!
Stromhändler können Atomstrom zu Ökostrom umdeklarieren, indem sie sogenannte RECS-Zertifikate (Erneuerbare-Energien-Zertifikate) kaufen.
6. Es gibt KEINE Ökostrom-Garantie!
Kunden von Ökostromtarifen zahlen im Schnitt 2 Cent/kWh mehr, haben aber keine Ökogarantie. Viele Versorger liefern Atomstrom mit, weil sie ihn nicht von Ökostrom trennen können.
7. Wir subventionieren Chinas Solarfirmen!
Solar-Sterben in Deutschland, zugleich Kredite für chinesische Solarfirmen: Die staatseigene KfW Förderbank hat China einen 75-Mio.-Kredit bereitgestellt. Das Geld floss u. a. an die Firmen Sunergy, LDK Solar.
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Systemfehler!
Zitat
Fehlinvestitionen in Ökostrom - Desaster Energiewende
Nationale Alleingänge führen zu „kompletten Fehlinvestitionen in Ökostrom“, sagt der deutsche Ökonom Bettzüge. Er fordert Quoten statt Subventionen für „grüne Energie“.
Zitat
Probleme wie in der Eurokrise
Wurzel allen Übels seien die nationalen Alleingänge in Europas Energiepolitik, sagt der Kölner Ökonom Marc Oliver Bettzüge. Die Probleme seien ähnlich gelagert wie in der Eurokrise: Wie der Währungsunion ein gemeinsamer Fiskalpakt fehle, so bleibe auch der europäische Energie-Binnenmarkt ohne gemeinsame Energiepolitik nur ein Scherbenhaufen.
Gefahr erkannt - Gefahr gebannt?
Keineswegs. Das Scheitern sowohl der "Energiepolitik" wie der "Währungsunion" liegt an deren bloßer Existenz - die Probleme sind systemimmanent und können nicht durch immer neue Regulierungen und Zentralisierungen der Steuerungselemente beseitigt werden. Planwirtschaft funktioniert nicht - hat noch nie funktioniert und wird in alle Ewigkeit nicht funktionieren, weil sie sich Wissen über Rahmenbedingungen und zukünftige Entwicklungen anmaßt, was nicht vorhanden ist und die natürliche Evolution abwürgt.
Wann kapiert unsere Gesellschaft endlich, dass sie ihre Angelegenheiten selbst regulieren und von Fall zu Fall gezielt delegieren aber nicht ein für alle mal Politikdarstellern überlassen kann, die primär ihre eigene Wiederwahl sicherstellen wollen?
Vertane Chance für die Welt?
Nach dem Ende der UN-Konferenz "Rio+20" sind sich fast alle einig: außer Spesen nichts gewesen. Deutschland sieht sich dennoch gut aufgestellt - und verweist auf das Interesse an der deutschen Energiewende.
Von einem Scheitern auf ganzer Linie wollen die Bundesminister Peter Altmaier und Dirk Niebel, die Deutschland auf der Konferenz vertreten haben, allerdings nicht wissen. Deutschland könne mit seiner moderne Umwelttechnologie nur gewinnen, so der Tenor des gewichtigen Duos. Allerdings liegen die Hoffnungen für den "Post-Rio-Prozess" wohl eher auf bilateraler Zusammenarbeit und damit außerhalb des inflexiblen UN-Systems
Jedes Mal, wenn Bundesumweltminister Peter Altmaier auf der offiziellen UN-Abschlusspressekonferenz das Wort "Energiewende" ausspricht, - und er tut es oft - sagt er es auf Deutsch. Bei einer ansonsten komplett auf Englisch abgehaltenen Pressekonferenz ist das natürlich eher erstaunlich.
Altmaier geht wohl davon aus, dass die ausländischen Journalisten genau wissen, was die deutsche Energiewende ist. Die Delegierten des "Rio+20" Gipfels wissen es jedenfalls spätestens jetzt auch. Dafür hat Altmaier gesorgt.
Immer wenn er während der Verhandlungen darüber gesprochen habe, hätte er "an enormous interest in this Energiewende" gefunden. Deutschland habe damit eine unglaublich positive Botschaft in die Konferenz eingebracht, und jetzt erwarte man in der Weltgemeinschaft, dass Deutschland auch für die "World-Energy-Wende" sorge.
Deutschland sei nunmal im Energie- und Umwelttechnologiesektor höchst wettbewerbsfähig und zudem ein sehr umweltfreundliches Land, so Altmaier, der das als für die Umwelt zuständiger Minister ja genau wissen muss. So war Deutschland auch mit ganz besonderen Erwartungen zur UN-Nachhaltigkeitskonferenz "Rio+20" gekommen.
Green Economy - wegen anderer Sorgen abermals aufgeschoben
Hier sollte ein bedeutender Schritt in Richtung Nachhaltigkeit getan und unter dem Stichwort "Green Economy" ein die Umwelt verträgliches und Ressourcen sparendes Produktions- und Konsummodell propagiert werden. Also eigentlich das, was Deutschland, Frankreich und einige andere europäische Länder ja bereits seit langem praktizierten, so Altmaier. "In Deutschland hat man frühzeitig die Weichen gestellt, um erneuerbare Energien gegenüber Kohle oder Atom zu bevorzugen," meint auch Martin Kaiser, Leiter der Internationalen Klimapolitik bei Greenpeace. "Und das sind genau die Leitplanken die man braucht, um die globale Energierevolution zu starten."
Doch wie man in Deutschland nur zu gut weiss, kostet so etwas viel Geld. Und da kam Rio wohl zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Während viele Schwellenländer, genauer die G77-Länder plus China, Geld für den Paradigmenwechsel von den "historisch verantwortlichen" Industrienationen verlangten, kämpfen genau diese um das Fortbestehen ihrer Währung und, in manchen Fällen, ihrer Volkswirtschaft.
Finanzielle Verpflichtungen waren da nicht zu erwarten. So hoffte man zumindest auf klare Verpflichtungen darüber, welche Ziele man bei der Nachhaltigkeit erreichen will, in welchem Zeitrahmen und was jedes einzelne Land dazu tun müsse. Außer "leeren Worthülsen" (so die NGOs) kam da aber nicht viel.
Die wässrigen Artikel des Rio-Dokuments mit Leben füllen
"Enttäuscht sein kann nur, wer mit unrealistischen und überhitzten Erwartungen nach Rio gereist ist", kommentierte aus dem fernen Berlin der Bundesverband der Industrie (BDI). Altmaier will trotzdem an den Vereinten Nationen als Lösungsgremium festhalten. Zumindest bis ein besseres gefunden sei.
Das Glas sei eher halb voll, gibt sich Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel trotzdem positiv. Jetzt müsse es eben daran gehen, die wässrigen Artikel des Rio-Dokuments mit Leben zu füllen. Er nennt das den "Post-Rio-Prozess". Immerhin sei in Rio akzeptiert worden, dass grünes Wirtschaften die Lebensbedingungen und den Wohlstand von vielen Menschen verbessern könne, "von der Tröpfchenbewässerung bis hin zu High-Tech-Energieversorgung".
Man sei sich einig gewesen, dass man ökologisch wirtschaften will, "eine Grundvoraussetzung für den Marktzugang." Man kann also nicht nur die Umwelt verbessern und Armut bekämpfen, sondern gleichzeitig auch gute Geschäfte machen, so der FDP-Politiker.
Kann die Welt sich deutsche Umwelttechnologie überhaupt leisten?
Aber kann sich die Welt teure deutsche Umwelttechnologie überhaupt leisten? "Für die weltweite Energiewende ist es günstig, wenn in Ländern wie China im Bereich Solartechnologie die Kosten drastisch gedrückt werden," meint Christoph Bals, politischer Geschäftsführer des Thing Tanks Germanwatch.
Das könne natürlich bedeuten, dass deutsche Firmen bei der globalen Energiewende nicht so stark beteiligt sein werden wie sie es sich vorstellen. Das wäre schade, sind die Aussichten doch gut, können doch in wenigen Jahren weltweit Solar- und Solarthermikanlagen ohne Subventionen wettbewerbsfähig sein, so Bals.
"Dann wird die Dynamik ganz anders aussehen als derzeit." Deutschland muss also aufpassen, den Zug nicht zu verpassen. So habe das Wirtschaftsministerium durch die Ablehnung einer schärferen EU-Richtlinie für Energieeffizienz den Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen geschadet, die mit Energieeffizienz Gewinn machen. "Hier wurden die deutschen Interessen von der Bundesregierung nicht ideal vertreten," so Bals.
So etwas kann man den beiden Ministern in Rio nicht vorwerfen. Anders als Altmaier spricht Niebel in Rio de Janeiro allerdings wenig von der deutschen Energiewende. Sein Ministerium habe als Partner meist großflächige Länder, in denen sich "klassische Energieversorgungsnetze, wie wir sie aus Deutschland kennen, überhaupt nicht anbieten."
Man müsse vielmehr auf die speziellen lokalen Energieträger setzen, dezentrale Lösungen seien gefordert, die das entsprechende Land sowieso zur Verfügung habe.
"Holz aus einer ausgewilderten Buschart zur Befeuerung eines Zementwerkes in Namibia, Sonne in Nordafrika oder Wasserenergie wie hier in Brasilien." So modern Technologien auch sein mögen, man könne sie nicht gegen den Markt durchsetzen, ermahnt der Minister. Auch wenn Deutschland auf vielen Feldern die Technologieführerschaft habe, sei die ideale Lösung stets diejenige, die lokal am geeignetsten ist.
Die Partner vor Ort müssten sicher sein, genauso von einer Technologielösung zu profitieren wie die deutschen Partner. "Win-Win-Situationen sind hier das beste, was wir kreieren können."
* MM
Von einem Scheitern auf ganzer Linie wollen die Bundesminister Peter Altmaier und Dirk Niebel, die Deutschland auf der Konferenz vertreten haben, allerdings nicht wissen. Deutschland könne mit seiner moderne Umwelttechnologie nur gewinnen, so der Tenor des gewichtigen Duos. Allerdings liegen die Hoffnungen für den "Post-Rio-Prozess" wohl eher auf bilateraler Zusammenarbeit und damit außerhalb des inflexiblen UN-Systems
Jedes Mal, wenn Bundesumweltminister Peter Altmaier auf der offiziellen UN-Abschlusspressekonferenz das Wort "Energiewende" ausspricht, - und er tut es oft - sagt er es auf Deutsch. Bei einer ansonsten komplett auf Englisch abgehaltenen Pressekonferenz ist das natürlich eher erstaunlich.
Altmaier geht wohl davon aus, dass die ausländischen Journalisten genau wissen, was die deutsche Energiewende ist. Die Delegierten des "Rio+20" Gipfels wissen es jedenfalls spätestens jetzt auch. Dafür hat Altmaier gesorgt.
Immer wenn er während der Verhandlungen darüber gesprochen habe, hätte er "an enormous interest in this Energiewende" gefunden. Deutschland habe damit eine unglaublich positive Botschaft in die Konferenz eingebracht, und jetzt erwarte man in der Weltgemeinschaft, dass Deutschland auch für die "World-Energy-Wende" sorge.
Deutschland sei nunmal im Energie- und Umwelttechnologiesektor höchst wettbewerbsfähig und zudem ein sehr umweltfreundliches Land, so Altmaier, der das als für die Umwelt zuständiger Minister ja genau wissen muss. So war Deutschland auch mit ganz besonderen Erwartungen zur UN-Nachhaltigkeitskonferenz "Rio+20" gekommen.
Green Economy - wegen anderer Sorgen abermals aufgeschoben
Hier sollte ein bedeutender Schritt in Richtung Nachhaltigkeit getan und unter dem Stichwort "Green Economy" ein die Umwelt verträgliches und Ressourcen sparendes Produktions- und Konsummodell propagiert werden. Also eigentlich das, was Deutschland, Frankreich und einige andere europäische Länder ja bereits seit langem praktizierten, so Altmaier. "In Deutschland hat man frühzeitig die Weichen gestellt, um erneuerbare Energien gegenüber Kohle oder Atom zu bevorzugen," meint auch Martin Kaiser, Leiter der Internationalen Klimapolitik bei Greenpeace. "Und das sind genau die Leitplanken die man braucht, um die globale Energierevolution zu starten."
Doch wie man in Deutschland nur zu gut weiss, kostet so etwas viel Geld. Und da kam Rio wohl zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Während viele Schwellenländer, genauer die G77-Länder plus China, Geld für den Paradigmenwechsel von den "historisch verantwortlichen" Industrienationen verlangten, kämpfen genau diese um das Fortbestehen ihrer Währung und, in manchen Fällen, ihrer Volkswirtschaft.
Finanzielle Verpflichtungen waren da nicht zu erwarten. So hoffte man zumindest auf klare Verpflichtungen darüber, welche Ziele man bei der Nachhaltigkeit erreichen will, in welchem Zeitrahmen und was jedes einzelne Land dazu tun müsse. Außer "leeren Worthülsen" (so die NGOs) kam da aber nicht viel.
Die wässrigen Artikel des Rio-Dokuments mit Leben füllen
"Enttäuscht sein kann nur, wer mit unrealistischen und überhitzten Erwartungen nach Rio gereist ist", kommentierte aus dem fernen Berlin der Bundesverband der Industrie (BDI). Altmaier will trotzdem an den Vereinten Nationen als Lösungsgremium festhalten. Zumindest bis ein besseres gefunden sei.
Das Glas sei eher halb voll, gibt sich Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel trotzdem positiv. Jetzt müsse es eben daran gehen, die wässrigen Artikel des Rio-Dokuments mit Leben zu füllen. Er nennt das den "Post-Rio-Prozess". Immerhin sei in Rio akzeptiert worden, dass grünes Wirtschaften die Lebensbedingungen und den Wohlstand von vielen Menschen verbessern könne, "von der Tröpfchenbewässerung bis hin zu High-Tech-Energieversorgung".
Man sei sich einig gewesen, dass man ökologisch wirtschaften will, "eine Grundvoraussetzung für den Marktzugang." Man kann also nicht nur die Umwelt verbessern und Armut bekämpfen, sondern gleichzeitig auch gute Geschäfte machen, so der FDP-Politiker.
Kann die Welt sich deutsche Umwelttechnologie überhaupt leisten?
Aber kann sich die Welt teure deutsche Umwelttechnologie überhaupt leisten? "Für die weltweite Energiewende ist es günstig, wenn in Ländern wie China im Bereich Solartechnologie die Kosten drastisch gedrückt werden," meint Christoph Bals, politischer Geschäftsführer des Thing Tanks Germanwatch.
Das könne natürlich bedeuten, dass deutsche Firmen bei der globalen Energiewende nicht so stark beteiligt sein werden wie sie es sich vorstellen. Das wäre schade, sind die Aussichten doch gut, können doch in wenigen Jahren weltweit Solar- und Solarthermikanlagen ohne Subventionen wettbewerbsfähig sein, so Bals.
"Dann wird die Dynamik ganz anders aussehen als derzeit." Deutschland muss also aufpassen, den Zug nicht zu verpassen. So habe das Wirtschaftsministerium durch die Ablehnung einer schärferen EU-Richtlinie für Energieeffizienz den Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen geschadet, die mit Energieeffizienz Gewinn machen. "Hier wurden die deutschen Interessen von der Bundesregierung nicht ideal vertreten," so Bals.
So etwas kann man den beiden Ministern in Rio nicht vorwerfen. Anders als Altmaier spricht Niebel in Rio de Janeiro allerdings wenig von der deutschen Energiewende. Sein Ministerium habe als Partner meist großflächige Länder, in denen sich "klassische Energieversorgungsnetze, wie wir sie aus Deutschland kennen, überhaupt nicht anbieten."
Man müsse vielmehr auf die speziellen lokalen Energieträger setzen, dezentrale Lösungen seien gefordert, die das entsprechende Land sowieso zur Verfügung habe.
"Holz aus einer ausgewilderten Buschart zur Befeuerung eines Zementwerkes in Namibia, Sonne in Nordafrika oder Wasserenergie wie hier in Brasilien." So modern Technologien auch sein mögen, man könne sie nicht gegen den Markt durchsetzen, ermahnt der Minister. Auch wenn Deutschland auf vielen Feldern die Technologieführerschaft habe, sei die ideale Lösung stets diejenige, die lokal am geeignetsten ist.
Die Partner vor Ort müssten sicher sein, genauso von einer Technologielösung zu profitieren wie die deutschen Partner. "Win-Win-Situationen sind hier das beste, was wir kreieren können."
* MM
Luftschlösser
Zitat
Altmaier geht wohl davon aus, dass die ausländischen Journalisten genau wissen, was die deutsche Energiewende ist.
Nö - daran wird er kein Interesse haben:
Zitat
Fehlinvestitionen in Ökostrom - Desaster Energiewende
Zitat
Deutschland habe damit eine unglaublich positive Botschaft in die Konferenz eingebracht, und jetzt erwarte man in der Weltgemeinschaft, dass Deutschland auch für die "World-Energy-Wende" sorge.
Traumtänzer! Die Weltgemeinschft freut sich darüber, dass sich ein wichtiger Konkurrent im Rennen um die Zukunft der Energieerzeugung mit einer Rolle rückwärts verabschiedet.
Zitat
Immer wenn er während der Verhandlungen darüber gesprochen habe, hätte er "an enormous interest in this Energiewende" gefunden.
Mag sein - es besteht immer Interesse daran, Irrwege zu vermeiden.
Zitat
Hier sollte ein bedeutender Schritt in Richtung Nachhaltigkeit getan und unter dem Stichwort "Green Economy" ein die Umwelt verträgliches und Ressourcen sparendes Produktions- und Konsummodell propagiert werden. Also eigentlich das, was Deutschland, Frankreich und einige andere europäische Länder ja bereits seit langem praktizierten, so Altmaier. "In Deutschland hat man frühzeitig die Weichen gestellt, um erneuerbare Energien gegenüber Kohle oder Atom zu bevorzugen," meint auch Martin Kaiser, Leiter der Internationalen Klimapolitik bei Greenpeace. "Und das sind genau die Leitplanken die man braucht, um die globale Energierevolution zu starten."
Was für ein inhaltsloses Sammelsurium von Worthülsen, Allgemeinplätzen und Widersprüchen: Frankreich als Beispiel für "Green Economy" ohne Atomstrom! Geht's noch?
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"Dann wird die Dynamik ganz anders aussehen als derzeit." Deutschland muss also aufpassen, den Zug nicht zu verpassen.
Wenn man den Zug nicht verpassen will, sollte man wissen, in welche Richtung er abfahren wird. Deutschland steht z.Zt. mit Scheuklappen am falschen Bahnsteig.
Und nun die Wetterrückschau für gestern
EU-Energiekommissar Günther Oettinger will die Wettervorhersage durch eine Rückschau ergänzen. Die Zuschauer sollen erfahren, wieviel Energie sie am Vortag mit der Kraft der Sonne hätten gewinnen können
Dienst läuft schon in einigen Ländern
Für die Bundesrepublik lieferte der deutsche Kommissar selbst eine beispielhafte Wetterrückschau. „Für die Berliner Familien, die mit Photovoltaik-Panelen ausgerüstet sind, hat die Sonne vergangene Woche genug Strom für 111 Prozent ihres Bedarfs geliefert. Genug, um alle ihre Geräte zu betreiben – plus den Computer und den Geschirrspüler eines Nachbarn“, sagte Oettinger.
Die Berechnung der Energiedaten wird derzeit von dem durch die EU kofinanzierten Projekt EnergizAir angeboten. Der Service umfasst neben den Daten für Solarpanele auch Solarthermie, also Energie zum Erwärmen des Wassers, und die Windenergie; diese wird anders als Sonne pauschal für ein Land angegeben, da Windräder meist nicht für einzelne Haushalte produzieren. Abnehmer sind bislang Medien in Frankreich, Belgien, Italien, Portugal und Slowenien.
Dienst läuft schon in einigen Ländern
Für die Bundesrepublik lieferte der deutsche Kommissar selbst eine beispielhafte Wetterrückschau. „Für die Berliner Familien, die mit Photovoltaik-Panelen ausgerüstet sind, hat die Sonne vergangene Woche genug Strom für 111 Prozent ihres Bedarfs geliefert. Genug, um alle ihre Geräte zu betreiben – plus den Computer und den Geschirrspüler eines Nachbarn“, sagte Oettinger.
Die Berechnung der Energiedaten wird derzeit von dem durch die EU kofinanzierten Projekt EnergizAir angeboten. Der Service umfasst neben den Daten für Solarpanele auch Solarthermie, also Energie zum Erwärmen des Wassers, und die Windenergie; diese wird anders als Sonne pauschal für ein Land angegeben, da Windräder meist nicht für einzelne Haushalte produzieren. Abnehmer sind bislang Medien in Frankreich, Belgien, Italien, Portugal und Slowenien.
Altmaier zweifelt an Umsetzbarkeit der Energiewende
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat Zweifel an der planmäßigen Umsetzbarkeit der Energiewende geäußert. Es stelle sich die Frage, ob es wirklich gelingen werde, den Stromverbrauch wie vorgesehen bis zum Jahre 2020 um zehn Prozent zu senken.
Das sagte Altmaier der "Bild am Sonntag". "Wenn wir das noch irgendwie schaffen wollen, dann bedarf das riesiger Anstrengungen."
Ebenfalls skeptisch beurteilt Altmaier die Zielvorgaben bei der Elektromobilität. Es werde bis 2020 "möglicherweise deutlich weniger Elektroautos" geben als bislang angenommen. Altmaier räumte Fehler und Versäumnisse bei der Energiewende ein, die unter seinem Vorgänger Norbert Röttgen (CDU) geplant worden war. So mussten Prognosen zur Strompreishöhe "revidiert werden", und nicht jedem sei "der Koordinierungsbedarf bei der Energiewende klar" gewesen.
Fehler bei Planung der Energiewende eingeräumt
"Da sind Fehler gemacht worden", sagte Altmaier. "Diese Fehler müssen wir jetzt korrigieren." Daran wolle er sich messen lassen: "An der Antwort auf die Frage, ob es mir gelingt, die Energiewende flott zu machen, wird sich entscheiden, ob ich ein guter und erfolgreicher Umweltminister bin."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt sich hinter Altmaiers Einschätzungen. Die Umsetzung der Energiewende erfordere noch "viel Mühe", sagte Merkel in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". "Ich sage, dass es schwierig ist, aber dass wir es schaffen können."
Altmaier warnte zudem vor sozialen Verwerfungen im Zusammenhang mit der Energiewende. "Wenn wir nicht aufpassen, dann kann die Energiewende zu einem sozialen Problem werden", sagte er. Beim Ersetzen der Atomenergie durch erneuerbare Energien sei "die Frage der Bezahlbarkeit von Energie aus den Augen verloren" worden. Er wolle für September Vertreter der Sozialverbände, der Verbraucherschützer und der Politik zu einem Runden Tisch einladen.
Soziale Aspekte weitgehend vernachlässigt
SPD-Chef Sigmar Gabriel wertete Altmaiers Äußerungen als Eingeständnis, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Energiewende "bislang komplett versagt" habe. "Ich halte das inzwischen neben dem Euro für die größte Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland", erklärte Gabriel in Berlin.
Der SPD-Chef forderte die Bundesregierung zur Einrichtung einer Agentur für die Energiewende auf, "weil sich die Ministerien gegenseitig blockieren". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse eine solche Stelle schaffen, in der Industrie und Wirtschaft, Verbraucherverbände, die Länder, Stadtwerke und Energiewirtschaft sitzen. "Diese Agentur muss der Politik dann Vorschläge machen, an welcher Stelle Entscheidungen getroffen werden müssen", forderte Gabriel
* strom-magazin.de
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat Zweifel an der planmäßigen Umsetzbarkeit der Energiewende geäußert. Es stelle sich die Frage, ob es wirklich gelingen werde, den Stromverbrauch wie vorgesehen bis zum Jahre 2020 um zehn Prozent zu senken.
Das sagte Altmaier der "Bild am Sonntag". "Wenn wir das noch irgendwie schaffen wollen, dann bedarf das riesiger Anstrengungen."
Ebenfalls skeptisch beurteilt Altmaier die Zielvorgaben bei der Elektromobilität. Es werde bis 2020 "möglicherweise deutlich weniger Elektroautos" geben als bislang angenommen. Altmaier räumte Fehler und Versäumnisse bei der Energiewende ein, die unter seinem Vorgänger Norbert Röttgen (CDU) geplant worden war. So mussten Prognosen zur Strompreishöhe "revidiert werden", und nicht jedem sei "der Koordinierungsbedarf bei der Energiewende klar" gewesen.
Fehler bei Planung der Energiewende eingeräumt
"Da sind Fehler gemacht worden", sagte Altmaier. "Diese Fehler müssen wir jetzt korrigieren." Daran wolle er sich messen lassen: "An der Antwort auf die Frage, ob es mir gelingt, die Energiewende flott zu machen, wird sich entscheiden, ob ich ein guter und erfolgreicher Umweltminister bin."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt sich hinter Altmaiers Einschätzungen. Die Umsetzung der Energiewende erfordere noch "viel Mühe", sagte Merkel in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". "Ich sage, dass es schwierig ist, aber dass wir es schaffen können."
Altmaier warnte zudem vor sozialen Verwerfungen im Zusammenhang mit der Energiewende. "Wenn wir nicht aufpassen, dann kann die Energiewende zu einem sozialen Problem werden", sagte er. Beim Ersetzen der Atomenergie durch erneuerbare Energien sei "die Frage der Bezahlbarkeit von Energie aus den Augen verloren" worden. Er wolle für September Vertreter der Sozialverbände, der Verbraucherschützer und der Politik zu einem Runden Tisch einladen.
Soziale Aspekte weitgehend vernachlässigt
SPD-Chef Sigmar Gabriel wertete Altmaiers Äußerungen als Eingeständnis, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Energiewende "bislang komplett versagt" habe. "Ich halte das inzwischen neben dem Euro für die größte Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland", erklärte Gabriel in Berlin.
Der SPD-Chef forderte die Bundesregierung zur Einrichtung einer Agentur für die Energiewende auf, "weil sich die Ministerien gegenseitig blockieren". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse eine solche Stelle schaffen, in der Industrie und Wirtschaft, Verbraucherverbände, die Länder, Stadtwerke und Energiewirtschaft sitzen. "Diese Agentur muss der Politik dann Vorschläge machen, an welcher Stelle Entscheidungen getroffen werden müssen", forderte Gabriel
* strom-magazin.de
Wohin mit dem ganzen Strom?
Die Bundesregierung will die erneuerbaren Energien zügig weiter ausbauen, obwohl das Solar- und Windstromangebot manchmal schon jetzt die Nachfrage übersteigt. Experten fahnden nach neuen Stromverbrauchern - und entwickeln dabei auch skurrile Ideen.
Den Wetterbericht lesen die Manager der Münchener Paulaner-Brauerei von je her ganz genau. Scheint in der warmen Jahreszeit die Sonne, zieht es die Leute in die Biergärten - schon steigen die Bestellmengen. Bei Regen sieht es in der Kasse trüb aus.
Mittlerweile spielt das Wetter für Paulaner noch eine weitere Rolle. Das Unternehmen passt Teile seines Produktionsprozesses an das unregelmäßige Stromaufkommen aus Solar- und Windkraft an - und verdient dabei Geld.
Bisher funktioniert das so: Wenn das Stromangebot bei plötzlicher Flaute und bedecktem Himmel fällt, schwächt die Brauerei die Leistung von Kühlanlagen um zwei Grad ab und schaltet die Tiefbrunnenpumpen aus. So entlastet Paulaner den Netzbetreiber für einige Stunden um ein paar Hundert Kilowatt. "Das ist für uns kein Problem", sagt der Umweltbeauftrage des Unternehmens, Johannes Fischer. Der Produktionsprozess werde nicht beeinträchtigt. Und die Flexibilität lässt Paulaner sich vergüten.
Energieexperten hoffen, dass das Pilotprojekt Schule macht - und zwar zunehmend auch andersherum. Denn die rasant wachsende Zahl von Wind- und vor allem Solaranlagen beschert dem deutschen Stromnetz an manchen Wochenenden bereits mehr Elektrizität als benötigt wird. Dann sinkt der Börsenstrompreis mitunter bis in den negativen Bereich. Angesichts eines geplanten, raschen Solarzubaus auf mindestens 52 Gigawatt (aktuell knapp 30 Gigawatt) wird es diesen Fall künftig häufiger geben.
Netzbetreiber müssen abregeln
Bisher sehen sich Netzbetreiber dem Überangebot oft hilflos ausgeliefert. So musste 50Hertz im ersten Halbjahr 2012 in Ostdeutschland an 48 Tagen vor allem Windkraftanlagen abregeln. Knapp 100.000 Megawattstunden Strom im Wert von mehreren Millionen Euro wurden praktisch vergeudet. Im gesamten Jahr 2011 war so etwas nur an 46 Tagen nötig.
"Künftig wird man den Strom wohl häufiger 'wegwerfen' müssen", sagt der Stromnetzforscher Christoph Mayer von der Universität Oldenburg mit Blick auf die nähere Zukunft. Prinzipiell sei das nicht schlimm. Dass der Strom dennoch vergütet werde, sieht Mayer aber als "Fehler im System".
Angesichts des rasanten Tempos, mit dem die erneuerbaren Energien sich gerade zur wichtigsten Stromquelle in Deutschland aufschwingen, drängt die Zeit. Schon jetzt beträgt der Anteil von Wind, Sonne und Co. laut dem Bundesverbande der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) etwa 25 Prozent an der Stromerzeugung, Tendenz steigend. An sonnigen Frühlingstagen liefern allein die Solarkraftwerke so viel Strom wie 20 Atommeiler
Unflexible Altkraftwerke behindern Strom aus erneuerbaren Quellen
"Wenn der Anteil erneuerbarer Energien im Netz auf 30 bis 50 Prozent steigt, werden die Ausschläge deutlich zunehmen", sagt Vorstand Thomas Schulz vom Energiedienstleister Entelios, mit dem Paulaner kooperiert. Um 10 bis 15 Gigawatt Leistung könnte die Stromproduktion dann in wenigen Minuten schwanken.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich Kern- und sogar neue Kohlekraftwerke überwiegend nicht auf Null herunter- und kurze Zeit später wieder anfahren lassen. So kann Vattenfall die Leistung seiner vier Braunkohlekraftwerke nach eigenen Angaben nur von 7,42 auf etwa 3,4 Gigawatt dimmen, ohne die Feuer zu löschen.
Als Lösung Nummer eins des Problems gilt eigentlich der zügige Ausbau des Stromnetzes. Denn bisher ist noch nicht einmal immer gewährleistet, dass plötzlich und massiv auftretende Strommengen immer dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden.
Netzausbau stockt
Zum einen geht es um neue und optimierte Stromtrassen in Nord-Süd-Richtung. Sie sollen den Windstrom von Nord- nach Süd auf insgesamt 4400 Kilometern transportieren, aber auch Solarstrom aus Bayern und Baden-Württemberg nach Norddeutschland. Zum anderen ist manches Verteilnetz in Städten und Gemeinden bald mit dem Sonnenstrom überfordert. "Mehr Trafos, mehr Kupferleitungen" seien vonnöten, sagt Mayer.
Doch der Trassenbau stockt. Netzbetreibern fehlt Geld, Anwohner stellen sich quer. Zudem wird das Abtransportieren allein nicht das Problem lösen, dass oft schlicht zu viel Strom vorhanden ist. Also sind kurzfristig auch andere Maßnahmen gefragt. Experten erörtern beispielsweise, welche Unternehmen kurzfristig mehr Strom abnehmen können.
Paulaner gehört dazu. Die Brauerei könnte genau in dem Moment Maschinen anwerfen, wenn viel billiger Strom im Netz ist. "Es ist denkbar, dass wir die Kühlleistung auf minus fünf Grad verstärken und die Wasserspeicher vollpumpen", sagt der Umweltbeauftragte Fischer. Weil der Strom an der Börse in solchen Phasen billig ist, könnte die Firma so Geld sparen
"Straßenbeleuchtung am Mittag sollten wir vermeiden"
Denkbar seien bei kleineren Brauereien und anderen Nahrungsmittelherstellern auch Eisspeicher, die am Wochenende oder nachts heruntergekühlt werden und die Kälte in den folgenden Tagen abgeben. Fischer nennt ein solches Vorgehen eine "Vision", weil es noch an maßgeschneiderten Verträgen mit Stromversorgern und der benötigten Informationstechnologie mangelt.
Große Firmen aus der Metallindustrie hingegen kaufen Strom bereits heute zum Börsenpreis ein - und könnten dies theoretisch bevorzugt tun, wenn Sonne und Wind die Preise drücken. In der Praxis sei dies aber kaum vorstellbar, sagt ein Sprecher des Aluminiumherstellers Norsk Hydro. "Wir können mit unseren Öfen höchstens mal eine Stunde vom Netz gehen." Mehr Strom als üblich zu verbrauchen, sei hingegen nicht möglich. Die Autoren einer Studie des Verbandes der Elektroindustrie (VDE) beziffern das Potenzial zusätzlichen Verbrauchs in der Branche denn auch nur auf 30 Megawatt.
Etwas besser sieht es in der Zementindustrie aus. Denkbar ist laut der VDE-Studie "eine veränderte Fahrweise der Zementmühlen nach alternativen Rahmenbedingungen (z.B. nach Windenergieerzeugung)". Gut 300 Megawatt zusätzliche Nachfrage ließen sich auf diese Weise mobilisieren. Der zeitweise höhere Zementausstoß müsste aber in zusätzlichen Speichern gelagert werden.
Die größte Hoffnung von Stromnetzexperten sind ohnehin private Haushalte und Büros. In einem Stromnetz der Zukunft könnten Wäschetrockner beispielsweise immer dann automatisch anspringen, wenn das Stromnetz mit Solar- oder Windstrom überfüllt ist.
Wärmepumpen und Klimaanlagen mit Steuerungspotenzial
Im Sommer bietet zudem die wachsende Zahl von Klimaanlagen Steuerungspotenzial, im Winter sind es die Wärmepumpen. Dabei geht künftig zusammengenommen um bis zu 20 Gigawatt. Auch Elektroautos und -Busse spielen in den Rechnungen eine große Rolle - sie könnten laut VDE zusammen weitere 15 Gigawatt "verschiebbare Nachfrage" auslösen.
Die wird in den kommenden Jahren aber noch nicht zur Verfügung stehen, während der Ausbau erneuerbarer Energien voranschreitet. "Die Menge an zuschaltbaren Stromabnehmern ist noch sehr überschaubar", sagt Physiker Roger Corradini von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München.
Er setzt unter anderem darauf, dass kleine Batteriespeicher in Haushalte mit Solaranlage Eingang finden. Angesichts rapide fallender Erzeugungskosten für Solarstrom könnte es sich für manche Hausbesitzer schon in Kürze lohnen, Strom am Mittag nicht nur direkt zu verbrauchen, sondern auch für den Abend zwischenzuspeichern. Das wäre dann billiger als Strom zum Fernsehen und Kochen aus dem Netz zu kaufen.
Fernwärme und Fernkälte mit dem Heizstab
Ähnlich kalkulieren bereits manche örtliche Versorger und kommen auf zunächst skurril anmutenden Ideen. Einige wollen ihre Fernwärmesysteme bald mit überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien betreiben, indem sie einfach Heizstäbe in die Wasserkessel einbauen. Vattenfall plant eine solche Anlage in Wedel bei Hamburg. Die Insel Helgoland will sogar eigens Windräder bauen, um mit diesem Prinzip ihr Ölkraftwerk zu ersetzen.
Theoretisch könnten Versorger auch überschüssigen Solarstrom im Sommer nutzen, um Fernkälte zu erzeugen - angelehnt an das Vorgehen der Stadtwerke Chemnitz. Diese erzeugen das zunächst benötigte heiße Wasser allerdings in einem konventionellen Heizkraftwerk.
An Ideen mangelt es den Architekten des Energiesystems der Zukunft nicht. Um jeden Preis verhindern wollen sie absurde Notlösungen, wie ein Insider sagt. "Wenn Stadtverwaltungen an einem Sommertag mittags die Straßenbeleuchtung einschalten, kann man das niemandem erklären
Den Wetterbericht lesen die Manager der Münchener Paulaner-Brauerei von je her ganz genau. Scheint in der warmen Jahreszeit die Sonne, zieht es die Leute in die Biergärten - schon steigen die Bestellmengen. Bei Regen sieht es in der Kasse trüb aus.
Mittlerweile spielt das Wetter für Paulaner noch eine weitere Rolle. Das Unternehmen passt Teile seines Produktionsprozesses an das unregelmäßige Stromaufkommen aus Solar- und Windkraft an - und verdient dabei Geld.
Bisher funktioniert das so: Wenn das Stromangebot bei plötzlicher Flaute und bedecktem Himmel fällt, schwächt die Brauerei die Leistung von Kühlanlagen um zwei Grad ab und schaltet die Tiefbrunnenpumpen aus. So entlastet Paulaner den Netzbetreiber für einige Stunden um ein paar Hundert Kilowatt. "Das ist für uns kein Problem", sagt der Umweltbeauftrage des Unternehmens, Johannes Fischer. Der Produktionsprozess werde nicht beeinträchtigt. Und die Flexibilität lässt Paulaner sich vergüten.
Energieexperten hoffen, dass das Pilotprojekt Schule macht - und zwar zunehmend auch andersherum. Denn die rasant wachsende Zahl von Wind- und vor allem Solaranlagen beschert dem deutschen Stromnetz an manchen Wochenenden bereits mehr Elektrizität als benötigt wird. Dann sinkt der Börsenstrompreis mitunter bis in den negativen Bereich. Angesichts eines geplanten, raschen Solarzubaus auf mindestens 52 Gigawatt (aktuell knapp 30 Gigawatt) wird es diesen Fall künftig häufiger geben.
Netzbetreiber müssen abregeln
Bisher sehen sich Netzbetreiber dem Überangebot oft hilflos ausgeliefert. So musste 50Hertz im ersten Halbjahr 2012 in Ostdeutschland an 48 Tagen vor allem Windkraftanlagen abregeln. Knapp 100.000 Megawattstunden Strom im Wert von mehreren Millionen Euro wurden praktisch vergeudet. Im gesamten Jahr 2011 war so etwas nur an 46 Tagen nötig.
"Künftig wird man den Strom wohl häufiger 'wegwerfen' müssen", sagt der Stromnetzforscher Christoph Mayer von der Universität Oldenburg mit Blick auf die nähere Zukunft. Prinzipiell sei das nicht schlimm. Dass der Strom dennoch vergütet werde, sieht Mayer aber als "Fehler im System".
Angesichts des rasanten Tempos, mit dem die erneuerbaren Energien sich gerade zur wichtigsten Stromquelle in Deutschland aufschwingen, drängt die Zeit. Schon jetzt beträgt der Anteil von Wind, Sonne und Co. laut dem Bundesverbande der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) etwa 25 Prozent an der Stromerzeugung, Tendenz steigend. An sonnigen Frühlingstagen liefern allein die Solarkraftwerke so viel Strom wie 20 Atommeiler
Unflexible Altkraftwerke behindern Strom aus erneuerbaren Quellen
"Wenn der Anteil erneuerbarer Energien im Netz auf 30 bis 50 Prozent steigt, werden die Ausschläge deutlich zunehmen", sagt Vorstand Thomas Schulz vom Energiedienstleister Entelios, mit dem Paulaner kooperiert. Um 10 bis 15 Gigawatt Leistung könnte die Stromproduktion dann in wenigen Minuten schwanken.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich Kern- und sogar neue Kohlekraftwerke überwiegend nicht auf Null herunter- und kurze Zeit später wieder anfahren lassen. So kann Vattenfall die Leistung seiner vier Braunkohlekraftwerke nach eigenen Angaben nur von 7,42 auf etwa 3,4 Gigawatt dimmen, ohne die Feuer zu löschen.
Als Lösung Nummer eins des Problems gilt eigentlich der zügige Ausbau des Stromnetzes. Denn bisher ist noch nicht einmal immer gewährleistet, dass plötzlich und massiv auftretende Strommengen immer dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden.
Netzausbau stockt
Zum einen geht es um neue und optimierte Stromtrassen in Nord-Süd-Richtung. Sie sollen den Windstrom von Nord- nach Süd auf insgesamt 4400 Kilometern transportieren, aber auch Solarstrom aus Bayern und Baden-Württemberg nach Norddeutschland. Zum anderen ist manches Verteilnetz in Städten und Gemeinden bald mit dem Sonnenstrom überfordert. "Mehr Trafos, mehr Kupferleitungen" seien vonnöten, sagt Mayer.
Doch der Trassenbau stockt. Netzbetreibern fehlt Geld, Anwohner stellen sich quer. Zudem wird das Abtransportieren allein nicht das Problem lösen, dass oft schlicht zu viel Strom vorhanden ist. Also sind kurzfristig auch andere Maßnahmen gefragt. Experten erörtern beispielsweise, welche Unternehmen kurzfristig mehr Strom abnehmen können.
Paulaner gehört dazu. Die Brauerei könnte genau in dem Moment Maschinen anwerfen, wenn viel billiger Strom im Netz ist. "Es ist denkbar, dass wir die Kühlleistung auf minus fünf Grad verstärken und die Wasserspeicher vollpumpen", sagt der Umweltbeauftragte Fischer. Weil der Strom an der Börse in solchen Phasen billig ist, könnte die Firma so Geld sparen
"Straßenbeleuchtung am Mittag sollten wir vermeiden"
Denkbar seien bei kleineren Brauereien und anderen Nahrungsmittelherstellern auch Eisspeicher, die am Wochenende oder nachts heruntergekühlt werden und die Kälte in den folgenden Tagen abgeben. Fischer nennt ein solches Vorgehen eine "Vision", weil es noch an maßgeschneiderten Verträgen mit Stromversorgern und der benötigten Informationstechnologie mangelt.
Große Firmen aus der Metallindustrie hingegen kaufen Strom bereits heute zum Börsenpreis ein - und könnten dies theoretisch bevorzugt tun, wenn Sonne und Wind die Preise drücken. In der Praxis sei dies aber kaum vorstellbar, sagt ein Sprecher des Aluminiumherstellers Norsk Hydro. "Wir können mit unseren Öfen höchstens mal eine Stunde vom Netz gehen." Mehr Strom als üblich zu verbrauchen, sei hingegen nicht möglich. Die Autoren einer Studie des Verbandes der Elektroindustrie (VDE) beziffern das Potenzial zusätzlichen Verbrauchs in der Branche denn auch nur auf 30 Megawatt.
Etwas besser sieht es in der Zementindustrie aus. Denkbar ist laut der VDE-Studie "eine veränderte Fahrweise der Zementmühlen nach alternativen Rahmenbedingungen (z.B. nach Windenergieerzeugung)". Gut 300 Megawatt zusätzliche Nachfrage ließen sich auf diese Weise mobilisieren. Der zeitweise höhere Zementausstoß müsste aber in zusätzlichen Speichern gelagert werden.
Die größte Hoffnung von Stromnetzexperten sind ohnehin private Haushalte und Büros. In einem Stromnetz der Zukunft könnten Wäschetrockner beispielsweise immer dann automatisch anspringen, wenn das Stromnetz mit Solar- oder Windstrom überfüllt ist.
Wärmepumpen und Klimaanlagen mit Steuerungspotenzial
Im Sommer bietet zudem die wachsende Zahl von Klimaanlagen Steuerungspotenzial, im Winter sind es die Wärmepumpen. Dabei geht künftig zusammengenommen um bis zu 20 Gigawatt. Auch Elektroautos und -Busse spielen in den Rechnungen eine große Rolle - sie könnten laut VDE zusammen weitere 15 Gigawatt "verschiebbare Nachfrage" auslösen.
Die wird in den kommenden Jahren aber noch nicht zur Verfügung stehen, während der Ausbau erneuerbarer Energien voranschreitet. "Die Menge an zuschaltbaren Stromabnehmern ist noch sehr überschaubar", sagt Physiker Roger Corradini von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München.
Er setzt unter anderem darauf, dass kleine Batteriespeicher in Haushalte mit Solaranlage Eingang finden. Angesichts rapide fallender Erzeugungskosten für Solarstrom könnte es sich für manche Hausbesitzer schon in Kürze lohnen, Strom am Mittag nicht nur direkt zu verbrauchen, sondern auch für den Abend zwischenzuspeichern. Das wäre dann billiger als Strom zum Fernsehen und Kochen aus dem Netz zu kaufen.
Fernwärme und Fernkälte mit dem Heizstab
Ähnlich kalkulieren bereits manche örtliche Versorger und kommen auf zunächst skurril anmutenden Ideen. Einige wollen ihre Fernwärmesysteme bald mit überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien betreiben, indem sie einfach Heizstäbe in die Wasserkessel einbauen. Vattenfall plant eine solche Anlage in Wedel bei Hamburg. Die Insel Helgoland will sogar eigens Windräder bauen, um mit diesem Prinzip ihr Ölkraftwerk zu ersetzen.
Theoretisch könnten Versorger auch überschüssigen Solarstrom im Sommer nutzen, um Fernkälte zu erzeugen - angelehnt an das Vorgehen der Stadtwerke Chemnitz. Diese erzeugen das zunächst benötigte heiße Wasser allerdings in einem konventionellen Heizkraftwerk.
An Ideen mangelt es den Architekten des Energiesystems der Zukunft nicht. Um jeden Preis verhindern wollen sie absurde Notlösungen, wie ein Insider sagt. "Wenn Stadtverwaltungen an einem Sommertag mittags die Straßenbeleuchtung einschalten, kann man das niemandem erklären
Windkraft auf See droht ein Desaster
Unkontrolliert steigende Kosten, enttäuschte Investoren und fehlende Kabel: Um die Offshore-Windanlagen vor den deutschen Küsten ist es schlechter bestellt als gedacht. Eine Exklusiv-Studie zeigt, welche Meereskraftwerke überhaupt noch Chancen haben – und welche Technologien die Wende bringen können
Ein Mann will sein Glück erzwingen: Er heißt Willi Balz und ist Gründer, Chef und Alleinaktionär der Windreich AG in Wolfschlugen bei Stuttgart. Dort lebt er zwar weit weg von Deutschlands Küsten. Doch der knorrige, 52-jährige Unternehmer plant, gleich 22 Meereswindparks in der Nordsee zu errichten – mehr als die vier Stromriesen E.On, RWE, EnBW und Vattenfall zusammen. Dafür sucht Balz jede Menge zahlungskräftige Investoren. Immerhin kostet ein Windpark je nach Größe bis zu 1,8 Milliarden Euro. Doch die Geldgeber stellen immer kritischere Fragen: Sind die Ausbaupläne noch realistisch? Haben sich die Akteure nicht übernommen? Ist der Offshore-Traum in Deutschland nicht längst geplatzt?
Selbst Balz kann sich der Realität nicht entziehen. Seit Wochen muss er hilflos mitansehen, dass der pünktliche Anschluss seines dritten Windparks Deutsche Bucht an das Stromnetz immer noch nicht gesichert ist. Dabei hatte der zuständige Stromtransporteur Tennet die Netzanbindung schon im Oktober 2011 zugesagt
Jetzt will Balz Tennet zum Handeln zwingen. Weil das Unternehmen die Steckdose im Meer nicht rechtzeitig ausgeschrieben und bestellt hat, beantragte Balz nun ein Missbrauchsverfahren gegen den Netzbetreiber – ein bisher einmaliger Vorgang. Hat Balz Erfolg, droht Tennet ein saftiges Bußgeld. Seine Investoren wird das vielleicht kurzzeitig beruhigen. Die immer größeren Probleme aber löst es nicht.
Denn die Rückschläge für die Windstromerzeuger häufen sich: Der Ausbau der Meereswindparks auf See kommt nicht voran; die Anlagen sind teurer als gedacht; und die Gefahr einer Stromlücke in der deutschen Energieversorgung wächst
Die Folgen des Durcheinanders: Geldgeber ziehen sich zurück oder steigen erst gar nicht in die Finanzierung von Meereswindparks ein – wie etwa das Emissionshaus Voigt & Collegen aus Düsseldorf: „Die Risiken sind für Privatanleger unkalkulierbar“, sagt Geschäftsführer Hermann Klughardt, der mehr als 30 Solarkraftwerke in Spanien und Italien im Portfolio hat.
Als Hoffnung bleibt, dass sich die Branche schnell professionalisiert, vor allem aber, dass neue Technologien die Stromerzeugung auf See doch noch wirtschaftlich machen – und den Bau neuer Parks beschleunigen.
Dabei hatte sich die schwarz-gelbe Koalition in Berlin in ihrem Energiekonzept alles so schön zurechtgelegt: 2020 sollten sich Windräder mit einer Leistung von 10.000 Megawatt (MW) in Nord- und Ostsee drehen – zehn Jahre danach sollten sie eine Leistung bringen wie 25 große Kohlekraftwerke. Offshore-Strom sollte dann eine der wichtigsten Säulen der Energieversorgung werden. Die Pläne sind Makulatur.
Ein Wunder müsste geschehen, um die Ziele noch zu erreichen. Mit den Testfeldern Alpha Ventus in der Nord- und Baltic Sea 1 in der Ostsee sowie den 24 von 80 bereits angeschlossenen Windrotoren des Nordsee-Parks Bard Offshore 1 sind nicht einmal 200 MW am Netz. Und laut einer Prognose des Bremer Beratungsunternehmens wind:research für die WirtschaftsWoche wird sich die Lücke sobald nicht schließen. Wahrscheinlich fehlen 2020 gut 3000 MW Offshore-Leistung. Bis 2030 verdoppelt sich die Lücke sogar auf fast 6000 MW
Selbst bei den besten der 15 aussichtsreichsten Projekte unter den 29 in Nord- und Ostsee genehmigten Windparks lauern laut wind:research-Geschäftsführer Dirk Briese „nicht zu unterschätzende Restrisiken“.
Stromkunden müssen ran
Es könnte noch schlimmer kommen. Die wind:research-Experten sehen die Gefahr, dass nach 2020 überhaupt keine neuen Windparks mehr ans Netz gehen – wenn die Netzbetreiber vor den Investitionen kapitulieren, die nötig sind, um Meereswindparks ans Festland anzuschließen. Betroffen ist vor allem der niederländische Stromtransporteur Tennet, der fast alle deutschen Nordsee-Windparks verkabeln muss. 5,5 Milliarden Euro hat das Unternehmen für den Ausbau bislang eingeplant. Weitere rund 15 Milliarden braucht Tennet nach eigenen Angaben noch.
Damit jedoch sieht sich das Unternehmen überfordert und ruft nach Hilfe der Bundesregierung. Die zeigt sich offen – schon aus Sorge vor einer Bruchlandung. Und so wird in Berlin über einen Einstieg der staatlichen KfW-Bank ins Netzgeschäft spekuliert. Eine andere Variante wäre, dass der Versicherungskonzern Allianz und der Rückversicherer Munich Re das Tennet-Netz übernehmen.
Auch wenn die Unternehmen zu den Planspielen schweigen: Der Schritt wäre logisch. Immerhin garantiert der Staat den Netzbetreibern für ihre Investitionen eine Rendite von neun Prozent. Kaum eine andere Geldanlage bietet derzeit eine so hohe, zudem garantierte Rendite
Auch in Haftungsfragen kommt die Regierung den Offshore-Akteuren entgegen – zulasten der Verbraucher: Kommt es zu Problemen beim Anschluss, sollen Stromkunden die Windparkbetreiber über eine sogenannte Haftungsumlage entschädigen, die auf den Strompreis umgelegt wird. So sieht es ein Referentenentwurf des Wirtschafts- und Umweltministeriums vor. Diese Kosten liegen pro Jahr schnell bei 300 Millionen Euro je Windpark, hat der Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Speciality (AGCS) ausgerechnet. Das Unternehmen hat weltweit mehr als 30 Offshore-Windprojekte mitversichert
Kein Wunder, dass Holger Krawinkel, Energieexperte der Verbraucherzentralen, Schlimmes befürchtet: „Nach dem Solarboom droht den Verbrauchern beim Offshore-Wind die nächste Kostenwelle.“
Am Ende wird es vor allem Verlierer geben. Nicht einmal für die Windparkbetreiber selbst dürfte der vermeintliche Boom noch lohnenswert sein. Bard Offshore 1 etwa liegt drei Jahre hinter dem Zeitplan. Die Kosten für das Projekt haben sich von 1,5 auf etwa 3,0 Milliarden Euro verdoppelt. Selbst wenn der Park über eine Laufzeit von 20 Jahren rund 5,4 Milliarden Euro einbringt, bleibt laut wind:research nur ein Minigewinn übrig – wenn überhaupt.
Und überall türmen sich weitere Probleme. Besonders augenfällig wird das in Cuxhaven, wo sich Dutzende der tonnenschweren, über 20 Meter hohen Betonfundamente für Windräder stapeln. Andernorts liegen Türme, an denen später die Rotoren und Gondeln befestigt werden. Massenhaft totes Kapital. Eine ganze Industrie – deren Wertschöpfung in Deutschland wind:research bis 2020 auf 200 Milliarden Euro schätzt – droht auszutrocknen. Viele der Schwierigkeiten haben damit zu tun, dass Deutschland als einziges Land Windparks bis zu 100 Kilometer vor den Küsten baut, dazu noch in Wassertiefen von 50 Metern. So wollte die Politik Bürgerproteste von vornherein vermeiden
Doch die Vorgabe macht die Anlagen zu den teuersten der Welt: Lange Kabeltrassen und Transportwege treiben die Kosten ebenso wie der aufwendige Bau von Spezialschiffen und für diese Wassertiefen geeigneter Fundamente. Zudem brauchen die Parks eigene Umspannstationen und Serviceplattformen. Reparaturen und Wartungen lassen sich bei diesen Entfernungen nicht von Land aus erledigen.
Deutschland wird als Standort unattraktiv
Bei alledem fehlt es auch an Erfahrung. Das zeigt zum Beispiel Nordsee-Ost, der erste Offshore-Windpark des Essener Energiekonzerns RWE. Der Betriebsbeginn des Meereskraftwerks verschiebt sich um mindestens 15 Monate, weil sich damit sogar Siemens überhoben hat.
Im Glauben, den Bau der mächtigen Stationen zu beherrschen, in denen der Wechselstrom der Windräder für den Transport an Land auf Gleichstrom umgespannt wird, hatten sich die Münchner gleich vier Aufträge gesichert. Doch schnell zeigte sich, dass die Siemens-Ingenieure ihre Erfahrungen und Kapazitäten über- und die Komplexität der Technik unterschätzt hatten. Die Folge: Zwei der Plattformen werden ein Jahr zu spät fertig. Das Desaster bescherte dem Unternehmen im ersten Halbjahr 2012 einen Verlust von fast 500 Millionen Euro.
Viele Technologien müssen für die rauen Bedingungen auf See neu entwickelt werden. Die Versicherer kassieren für so viele Unwägbarkeiten satte Risikoaufschläge: Laut AGCS kann die Police eines 1,7 Milliarden teuren 400-MW-Windparks bis zu 34 Millionen Euro kosten – doppelt so viel wie die eines vergleichbaren Gaskraftwerks
Das hat zur Folge, dass Deutschland für Offshore-Investoren immer unattraktiver wird. Die Bundesregierung hofft nun, den Stillstand mit einem Netzentwicklungsplan beseitigen zu können: Noch 2011 will sie Orte und Größe künftiger Netzanschlüsse der Parks ans Land frühzeitig und verbindlich festlegen. Wind:research-Chef Briese hält das für einen wichtigen Schritt. „Die Sicherheit des pünktlichen Netzanschlusses würde bei den Investoren Vertrauen schaffen.“
Doch das reicht nicht. Ebenso wichtig sei es, sagt Briese, durch bessere Abläufe, eine Industrialisierung der Produktion und technologische Neuerungen die Parks deutlich billiger aufbauen zu können.
Heute kostet die Erzeugung einer Kilowattstunde (kWh) Offshore-Stroms rund zwölf Cent. Windstrom vom Land ist fünf Cent billiger; Kohle- und Gasstrom sind gar schon für fünf bis sieben Cent zu haben. Briese zufolge dürfte der Meeresstrom nicht mehr als zehn Cent kosten, um gegenüber anderen erneuerbaren Energien bestehen zu können. Fraunhofer-Forscher erwarten jedoch, dass diese Schwelle erst 2025 unterschritten wird.
Das größte Kostensenkungspotenzial sehen die wind:research-Experten bei den Anlagen selbst. Sie ließen sich um 40 Prozent billiger produzieren. Wichtigster Hebel: längere Rotorblätter. Denn nach einer Faustformel vervierfacht sich die Leistung eines Windrads mit jeder Verdoppelung der Fläche, die der Rotor durchstreicht.
Gerade bringen Hersteller wie Siemens, Repower oder Areva die ersten Windmühlen der Sechs-MW-Klasse auf den Markt. Dafür fertigt Siemens das mit 75 Metern längste Glasfaser-Rotorblatt der Welt – es wird dank eines neuen Verfahrens erstmals in einem Stück gegossen. Dadurch entfallen Naht- und Klebestellen, die anfällig für Korrosion und Schäden durch aufprallende Regentropfen sind.
Das ist erst der Anfang. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Bremerhaven, Andreas Reuter, hält in Zukunft 20- MW-Anlagen für realistisch. „Die ersten Räder könnten 2020 stehen.“ Siemens will nach 2015 erste Turbinen mit zehn MW anbieten. Heutige Standardmühlen sind höchstens halb so leistungsstark.
Bei neuen Anlagen gibt es praktisch keine Denkverbote. So entwickelt das britische Unternehmen Wind Power eine Turbine mit revolutionärem Konzept: Die Rotoren des Aerogenerators X streichen parallel zu den Wellen übers Meer. Ihre Spannweite kann bis zu 230 Meter erreichen. Dabei ragen sie dank des neuen Designs nur halb so hoch aus dem Wasser wie klassische horizontale Mühlen. Daher können ihre Fundamente kleiner ausfallen. Das spart Transportkosten, vor allem aber wird weniger Stahl und Beton benötigt.
Vorteile versprechen sich Ingenieure auch von sogenannten Zweiflüglern, an denen das niederländische Unternehmen 2-B-Energy forscht. Der Wegfall des dritten Rotorblatts spart Material, und die Zweiflügler lassen sich schon während des Transports auf dem Errichterschiff mit dem Maschinenhaus verschrauben, weil sie weniger Platz wegnehmen als die Dreiblättler. Zudem kreisen ihre Propeller hinter dem Turm. Die Folge: Sie können sich von selbst in den Wind drehen; bislang übernehmen das Motoren, die Geld kosten – und Strom verbrauchen.
Große Einsparungen würde nach Einschätzung der wind:research-Experten auch eine Automatisierung der Produktion bringen. IWES-Forscher prüfen daher, ob Roboter künftig die Glasmatten – das Material aus dem die Rotorblätter bestehen – verlegen könnten. Bisher geschieht das weitgehend in Handarbeit.
Im Meer geht mehr
Mitunter können selbst simple Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Offshore-Stroms drastisch erhöhen. So wollen Fraunhofer-Forscher mit speziellen Messprogrammen die Windverhältnisse auf der Nordsee detaillierter erfassen als bisher. Ziel ist es, die ergiebigsten Standorte zu finden: Ist die durchschnittliche Windgeschwindigkeit nur zehn Prozent höher, erzeugen die Anlagen 30 Prozent mehr Elektrizität; und das zu gleichen Kosten.
Windpark-Entwickler Balz sieht den nächsten Wochen gelassen entgegen. Zumindest wenn es um den Bau von Global Tech I geht, seinem gerade begonnenen ersten Windpark. Dafür liegt die Verantwortung jetzt bei der Offshore-Tochter des Essener Baukonzerns Hochtief. Sie hat 240 Tage Zeit, die Anlagen komplett zu installieren und anzuschließen. Für jeden Tag Verspätung müsste sie Balz und die anderen Investoren mit jeweils 250 000 Euro entschädigen.
Und wer weiß: Sollte es Deutschland trotz aller Widrigkeiten am Ende schaffen, Windparks unter solch schwierigen Bedingungen weit draußen auf See zu bauen, und das zu vertretbaren Kosten, hätte das Land einen einmaligen Technologievorsprung. Nicht ausgeschlossen also, dass aus dem Drama auf See doch noch eine Erfolgsgeschichte wird
Ein Mann will sein Glück erzwingen: Er heißt Willi Balz und ist Gründer, Chef und Alleinaktionär der Windreich AG in Wolfschlugen bei Stuttgart. Dort lebt er zwar weit weg von Deutschlands Küsten. Doch der knorrige, 52-jährige Unternehmer plant, gleich 22 Meereswindparks in der Nordsee zu errichten – mehr als die vier Stromriesen E.On, RWE, EnBW und Vattenfall zusammen. Dafür sucht Balz jede Menge zahlungskräftige Investoren. Immerhin kostet ein Windpark je nach Größe bis zu 1,8 Milliarden Euro. Doch die Geldgeber stellen immer kritischere Fragen: Sind die Ausbaupläne noch realistisch? Haben sich die Akteure nicht übernommen? Ist der Offshore-Traum in Deutschland nicht längst geplatzt?
Selbst Balz kann sich der Realität nicht entziehen. Seit Wochen muss er hilflos mitansehen, dass der pünktliche Anschluss seines dritten Windparks Deutsche Bucht an das Stromnetz immer noch nicht gesichert ist. Dabei hatte der zuständige Stromtransporteur Tennet die Netzanbindung schon im Oktober 2011 zugesagt
Jetzt will Balz Tennet zum Handeln zwingen. Weil das Unternehmen die Steckdose im Meer nicht rechtzeitig ausgeschrieben und bestellt hat, beantragte Balz nun ein Missbrauchsverfahren gegen den Netzbetreiber – ein bisher einmaliger Vorgang. Hat Balz Erfolg, droht Tennet ein saftiges Bußgeld. Seine Investoren wird das vielleicht kurzzeitig beruhigen. Die immer größeren Probleme aber löst es nicht.
Denn die Rückschläge für die Windstromerzeuger häufen sich: Der Ausbau der Meereswindparks auf See kommt nicht voran; die Anlagen sind teurer als gedacht; und die Gefahr einer Stromlücke in der deutschen Energieversorgung wächst
Die Folgen des Durcheinanders: Geldgeber ziehen sich zurück oder steigen erst gar nicht in die Finanzierung von Meereswindparks ein – wie etwa das Emissionshaus Voigt & Collegen aus Düsseldorf: „Die Risiken sind für Privatanleger unkalkulierbar“, sagt Geschäftsführer Hermann Klughardt, der mehr als 30 Solarkraftwerke in Spanien und Italien im Portfolio hat.
Als Hoffnung bleibt, dass sich die Branche schnell professionalisiert, vor allem aber, dass neue Technologien die Stromerzeugung auf See doch noch wirtschaftlich machen – und den Bau neuer Parks beschleunigen.
Dabei hatte sich die schwarz-gelbe Koalition in Berlin in ihrem Energiekonzept alles so schön zurechtgelegt: 2020 sollten sich Windräder mit einer Leistung von 10.000 Megawatt (MW) in Nord- und Ostsee drehen – zehn Jahre danach sollten sie eine Leistung bringen wie 25 große Kohlekraftwerke. Offshore-Strom sollte dann eine der wichtigsten Säulen der Energieversorgung werden. Die Pläne sind Makulatur.
Ein Wunder müsste geschehen, um die Ziele noch zu erreichen. Mit den Testfeldern Alpha Ventus in der Nord- und Baltic Sea 1 in der Ostsee sowie den 24 von 80 bereits angeschlossenen Windrotoren des Nordsee-Parks Bard Offshore 1 sind nicht einmal 200 MW am Netz. Und laut einer Prognose des Bremer Beratungsunternehmens wind:research für die WirtschaftsWoche wird sich die Lücke sobald nicht schließen. Wahrscheinlich fehlen 2020 gut 3000 MW Offshore-Leistung. Bis 2030 verdoppelt sich die Lücke sogar auf fast 6000 MW
Selbst bei den besten der 15 aussichtsreichsten Projekte unter den 29 in Nord- und Ostsee genehmigten Windparks lauern laut wind:research-Geschäftsführer Dirk Briese „nicht zu unterschätzende Restrisiken“.
Stromkunden müssen ran
Es könnte noch schlimmer kommen. Die wind:research-Experten sehen die Gefahr, dass nach 2020 überhaupt keine neuen Windparks mehr ans Netz gehen – wenn die Netzbetreiber vor den Investitionen kapitulieren, die nötig sind, um Meereswindparks ans Festland anzuschließen. Betroffen ist vor allem der niederländische Stromtransporteur Tennet, der fast alle deutschen Nordsee-Windparks verkabeln muss. 5,5 Milliarden Euro hat das Unternehmen für den Ausbau bislang eingeplant. Weitere rund 15 Milliarden braucht Tennet nach eigenen Angaben noch.
Damit jedoch sieht sich das Unternehmen überfordert und ruft nach Hilfe der Bundesregierung. Die zeigt sich offen – schon aus Sorge vor einer Bruchlandung. Und so wird in Berlin über einen Einstieg der staatlichen KfW-Bank ins Netzgeschäft spekuliert. Eine andere Variante wäre, dass der Versicherungskonzern Allianz und der Rückversicherer Munich Re das Tennet-Netz übernehmen.
Auch wenn die Unternehmen zu den Planspielen schweigen: Der Schritt wäre logisch. Immerhin garantiert der Staat den Netzbetreibern für ihre Investitionen eine Rendite von neun Prozent. Kaum eine andere Geldanlage bietet derzeit eine so hohe, zudem garantierte Rendite
Auch in Haftungsfragen kommt die Regierung den Offshore-Akteuren entgegen – zulasten der Verbraucher: Kommt es zu Problemen beim Anschluss, sollen Stromkunden die Windparkbetreiber über eine sogenannte Haftungsumlage entschädigen, die auf den Strompreis umgelegt wird. So sieht es ein Referentenentwurf des Wirtschafts- und Umweltministeriums vor. Diese Kosten liegen pro Jahr schnell bei 300 Millionen Euro je Windpark, hat der Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Speciality (AGCS) ausgerechnet. Das Unternehmen hat weltweit mehr als 30 Offshore-Windprojekte mitversichert
Kein Wunder, dass Holger Krawinkel, Energieexperte der Verbraucherzentralen, Schlimmes befürchtet: „Nach dem Solarboom droht den Verbrauchern beim Offshore-Wind die nächste Kostenwelle.“
Am Ende wird es vor allem Verlierer geben. Nicht einmal für die Windparkbetreiber selbst dürfte der vermeintliche Boom noch lohnenswert sein. Bard Offshore 1 etwa liegt drei Jahre hinter dem Zeitplan. Die Kosten für das Projekt haben sich von 1,5 auf etwa 3,0 Milliarden Euro verdoppelt. Selbst wenn der Park über eine Laufzeit von 20 Jahren rund 5,4 Milliarden Euro einbringt, bleibt laut wind:research nur ein Minigewinn übrig – wenn überhaupt.
Und überall türmen sich weitere Probleme. Besonders augenfällig wird das in Cuxhaven, wo sich Dutzende der tonnenschweren, über 20 Meter hohen Betonfundamente für Windräder stapeln. Andernorts liegen Türme, an denen später die Rotoren und Gondeln befestigt werden. Massenhaft totes Kapital. Eine ganze Industrie – deren Wertschöpfung in Deutschland wind:research bis 2020 auf 200 Milliarden Euro schätzt – droht auszutrocknen. Viele der Schwierigkeiten haben damit zu tun, dass Deutschland als einziges Land Windparks bis zu 100 Kilometer vor den Küsten baut, dazu noch in Wassertiefen von 50 Metern. So wollte die Politik Bürgerproteste von vornherein vermeiden
Doch die Vorgabe macht die Anlagen zu den teuersten der Welt: Lange Kabeltrassen und Transportwege treiben die Kosten ebenso wie der aufwendige Bau von Spezialschiffen und für diese Wassertiefen geeigneter Fundamente. Zudem brauchen die Parks eigene Umspannstationen und Serviceplattformen. Reparaturen und Wartungen lassen sich bei diesen Entfernungen nicht von Land aus erledigen.
Deutschland wird als Standort unattraktiv
Bei alledem fehlt es auch an Erfahrung. Das zeigt zum Beispiel Nordsee-Ost, der erste Offshore-Windpark des Essener Energiekonzerns RWE. Der Betriebsbeginn des Meereskraftwerks verschiebt sich um mindestens 15 Monate, weil sich damit sogar Siemens überhoben hat.
Im Glauben, den Bau der mächtigen Stationen zu beherrschen, in denen der Wechselstrom der Windräder für den Transport an Land auf Gleichstrom umgespannt wird, hatten sich die Münchner gleich vier Aufträge gesichert. Doch schnell zeigte sich, dass die Siemens-Ingenieure ihre Erfahrungen und Kapazitäten über- und die Komplexität der Technik unterschätzt hatten. Die Folge: Zwei der Plattformen werden ein Jahr zu spät fertig. Das Desaster bescherte dem Unternehmen im ersten Halbjahr 2012 einen Verlust von fast 500 Millionen Euro.
Viele Technologien müssen für die rauen Bedingungen auf See neu entwickelt werden. Die Versicherer kassieren für so viele Unwägbarkeiten satte Risikoaufschläge: Laut AGCS kann die Police eines 1,7 Milliarden teuren 400-MW-Windparks bis zu 34 Millionen Euro kosten – doppelt so viel wie die eines vergleichbaren Gaskraftwerks
Das hat zur Folge, dass Deutschland für Offshore-Investoren immer unattraktiver wird. Die Bundesregierung hofft nun, den Stillstand mit einem Netzentwicklungsplan beseitigen zu können: Noch 2011 will sie Orte und Größe künftiger Netzanschlüsse der Parks ans Land frühzeitig und verbindlich festlegen. Wind:research-Chef Briese hält das für einen wichtigen Schritt. „Die Sicherheit des pünktlichen Netzanschlusses würde bei den Investoren Vertrauen schaffen.“
Doch das reicht nicht. Ebenso wichtig sei es, sagt Briese, durch bessere Abläufe, eine Industrialisierung der Produktion und technologische Neuerungen die Parks deutlich billiger aufbauen zu können.
Heute kostet die Erzeugung einer Kilowattstunde (kWh) Offshore-Stroms rund zwölf Cent. Windstrom vom Land ist fünf Cent billiger; Kohle- und Gasstrom sind gar schon für fünf bis sieben Cent zu haben. Briese zufolge dürfte der Meeresstrom nicht mehr als zehn Cent kosten, um gegenüber anderen erneuerbaren Energien bestehen zu können. Fraunhofer-Forscher erwarten jedoch, dass diese Schwelle erst 2025 unterschritten wird.
Das größte Kostensenkungspotenzial sehen die wind:research-Experten bei den Anlagen selbst. Sie ließen sich um 40 Prozent billiger produzieren. Wichtigster Hebel: längere Rotorblätter. Denn nach einer Faustformel vervierfacht sich die Leistung eines Windrads mit jeder Verdoppelung der Fläche, die der Rotor durchstreicht.
Gerade bringen Hersteller wie Siemens, Repower oder Areva die ersten Windmühlen der Sechs-MW-Klasse auf den Markt. Dafür fertigt Siemens das mit 75 Metern längste Glasfaser-Rotorblatt der Welt – es wird dank eines neuen Verfahrens erstmals in einem Stück gegossen. Dadurch entfallen Naht- und Klebestellen, die anfällig für Korrosion und Schäden durch aufprallende Regentropfen sind.
Das ist erst der Anfang. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Bremerhaven, Andreas Reuter, hält in Zukunft 20- MW-Anlagen für realistisch. „Die ersten Räder könnten 2020 stehen.“ Siemens will nach 2015 erste Turbinen mit zehn MW anbieten. Heutige Standardmühlen sind höchstens halb so leistungsstark.
Bei neuen Anlagen gibt es praktisch keine Denkverbote. So entwickelt das britische Unternehmen Wind Power eine Turbine mit revolutionärem Konzept: Die Rotoren des Aerogenerators X streichen parallel zu den Wellen übers Meer. Ihre Spannweite kann bis zu 230 Meter erreichen. Dabei ragen sie dank des neuen Designs nur halb so hoch aus dem Wasser wie klassische horizontale Mühlen. Daher können ihre Fundamente kleiner ausfallen. Das spart Transportkosten, vor allem aber wird weniger Stahl und Beton benötigt.
Vorteile versprechen sich Ingenieure auch von sogenannten Zweiflüglern, an denen das niederländische Unternehmen 2-B-Energy forscht. Der Wegfall des dritten Rotorblatts spart Material, und die Zweiflügler lassen sich schon während des Transports auf dem Errichterschiff mit dem Maschinenhaus verschrauben, weil sie weniger Platz wegnehmen als die Dreiblättler. Zudem kreisen ihre Propeller hinter dem Turm. Die Folge: Sie können sich von selbst in den Wind drehen; bislang übernehmen das Motoren, die Geld kosten – und Strom verbrauchen.
Große Einsparungen würde nach Einschätzung der wind:research-Experten auch eine Automatisierung der Produktion bringen. IWES-Forscher prüfen daher, ob Roboter künftig die Glasmatten – das Material aus dem die Rotorblätter bestehen – verlegen könnten. Bisher geschieht das weitgehend in Handarbeit.
Im Meer geht mehr
Mitunter können selbst simple Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Offshore-Stroms drastisch erhöhen. So wollen Fraunhofer-Forscher mit speziellen Messprogrammen die Windverhältnisse auf der Nordsee detaillierter erfassen als bisher. Ziel ist es, die ergiebigsten Standorte zu finden: Ist die durchschnittliche Windgeschwindigkeit nur zehn Prozent höher, erzeugen die Anlagen 30 Prozent mehr Elektrizität; und das zu gleichen Kosten.
Windpark-Entwickler Balz sieht den nächsten Wochen gelassen entgegen. Zumindest wenn es um den Bau von Global Tech I geht, seinem gerade begonnenen ersten Windpark. Dafür liegt die Verantwortung jetzt bei der Offshore-Tochter des Essener Baukonzerns Hochtief. Sie hat 240 Tage Zeit, die Anlagen komplett zu installieren und anzuschließen. Für jeden Tag Verspätung müsste sie Balz und die anderen Investoren mit jeweils 250 000 Euro entschädigen.
Und wer weiß: Sollte es Deutschland trotz aller Widrigkeiten am Ende schaffen, Windparks unter solch schwierigen Bedingungen weit draußen auf See zu bauen, und das zu vertretbaren Kosten, hätte das Land einen einmaligen Technologievorsprung. Nicht ausgeschlossen also, dass aus dem Drama auf See doch noch eine Erfolgsgeschichte wird
Beim Strompreis ist der Privatkunde der Dumme
Ein noch unveröffentlichter Bericht der Bundesregierung zeigt: Die Industrie wälzt die Kosten der Energiewende immer stärker auf die Stromkunden ab. Deren Belastung steigt weiter kräftig
Ende November erhielt Familienvater Siegfried Fischer Post von seinem Energieversorger Stromio: Leider müsse man den Strompreis um zwölf Prozent erhöhen, schrieb das Unternehmen. Die Energiewende, die höheren Kosten, die neuen Gesetze, man bitte da um Verständnis.
Kaufmann Fischer rechnete fix nach: Für den Strom in seinem Einfamilienhaus in Gevelsberg nahe Wuppertal soll er in Zukunft knapp 250 Euro im Jahr mehr bezahlen. „Eine Frechheit“, findet der 57-Jährige. Am meisten ärgert ihn das Prinzip. „Alle zusätzlichen Kosten werden eins zu eins auf die Verbraucher abgewälzt.“
So wie Fischer haben in den vergangenen Wochen Millionen Deutsche schlechte Nachrichten von ihren Energieversorgern erhalten. Allein im November kündigten 687 Lieferanten Preiserhöhungen von durchschnittlich zwölf Prozent an. Das Internet-Verbraucherportal Verivox meldet „eine Strompreiswelle bisher ungekannten Ausmaßes“.
Experten sind sich einig, dass der Strompreis in Zukunft nur eine Richtung kennen wird: steil nach oben. Dabei zahlen die Deutschen bereits jetzt den zweithöchsten Tarif in Europa – nach den Dänen
Die Energiewende wird zum Kostenrisiko für Wirtschaft und Verbraucher, wie die Bundesregierung inzwischen selbst einräumt. Der neue Monitoringbericht fasst es in Bürokratendeutsch zusammen: „Die Energiekosten der Verbraucher erhöhen sich sowohl absolut als auch anteilig an den Haushaltseinkommen bzw. der Wertschöpfung von Gewerbe und Industrie.“ Hinzu kommt, dass die Preise für Erdöl, Gas und Kohle laut Bundesregierung „auf historische Höchststände angestiegen“ sind. Ein 4-Personen-Haushalt musste 2011 bereits 321 Euro mehr für die Energiekosten aufwenden. Die Autoren erinnern in dem 171 Seiten dicken Regierungsbericht daran, dass „die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Energieversorgung eine der Voraussetzungen ist, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland langfristig zu sichern und die Kostenbelastung der Haushalte beherrschbar zu halten“.
Hans-Peter Keitel sagt es deutlicher: „Die Wirtschaftlichkeit ist bereits jetzt akut gefährdet“, kritisiert der scheidende Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Die Zukunft des Landes steht auf dem Spiel.“ In Keitels Augen betreibt die Bundesregierung „Flickschusterei“. Sein Nachfolger Ulrich Grillo kritisierte Freitag vergangener Woche ebenfalls „mangelnde Planung und Kontrolle beim Umbau der Energiewirtschaft“. Den Verantwortlichen in der Politik ist das Thema unangenehm – nicht nur mit Blick auf das Wahljahr 2013.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch im Juni 2012 in einer Regierungserklärung stabile Preise versprochen. Ihr Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sah gar „Spielräume für Senkungen“ voraus. Und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) redete lange die EEG-Umlage klein, also den vom Stromkunden zu zahlenden Aufpreis für Ökoenergie. Doch der hat inzwischen kräftig zugelegt und steigt ab 2013 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde – zumindest für Otto Normalbürger.
Stromintensive Firmen wie Stahlhütten, Aluminiumhersteller oder die chemische Industrie hingegen können sich von dem Aufschlag befreien lassen. Bei der letzten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat die Regierung den Kreis der berechtigten Firmen beträchtlich ausgeweitet. Ihr Argument: besserer Schutz der Arbeitsplätze.
Von dieser Vergünstigung wollen nun viele Unternehmen profitieren. Entsprechend wächst die Zahl der beantragten Ausnahmen. Die Regierung räumt in ihrem Monitoringbericht einen beachtlichen Anstieg ein: 2013 sei mit bis zu 1900 Ausnahmegenehmigungen zu rechnen – nach 566 im Jahr 2010.
Das Muster ist einfach: Der Verbraucher zahlt für die Rabatte der Industrie. So werden Großabnehmer ab zehn Gigawattstunden grundsätzlich von den Netzentgelten befreit.
Darüber hinaus beschloss die Regierung Sondervergünstigungen für alle Abnehmer, die einen unregelmäßigen Stromverbrauch haben – zur Freude von Spielbanken, Golfplatzbetreibern oder Großraumkinos. Diese Ausnahmen zu Lasten der normalen Kunden haben solche Ausmaße erreicht, dass die EU-Kommission bereits wegen unerlaubter Beihilfen ermittelt.
Die Netzbetreiber kalkulieren die Vorteile der Industrie auf 440 Millionen Euro in diesem und mehr als 800 Millionen Euro im nächsten Jahr.
Kosten entstehen auch, wenn alles gut läuft: Wird bei günstigen Wetterlagen massenhaft Sonnenstrom und Windenergie produziert, fließt so viel in die Netze, dass deren Stabilität gefährdet ist. Zur Entlastung leiten die Betreiber den teuren deutschen Ökostrom dann in die Nachbarländer um – zur Not wird er verschenkt. 2010 bezahlten deutsche Kunden rund zehn Millionen Euro für Elektrizität, die hier nie verbraucht wurde. 2011 verdreifachte sich diese Summe auf rund 34 Millionen Euro.
Noch höhere Risiken gehen von den geplanten Offshore-Windparks vor der Küste aus. Denn diese sind zu großen Teilen noch nicht an das Netz angebunden. Auch hier haften die Verbraucher – mit bis zu einer Milliarde Euro.
Teuer für den Abnehmer sind zudem die Maßnahmen, mit denen die Regierung einen Zusammenbruch des Stromnetzes im Winter verhindern will. Unrentable Kraftwerke sollen im Bedarfsfall dazu gezwungen werden, am Netz zu bleiben. Für die Bereithaltung dieser Reserve werden die Kraftwerksbetreiber entschädigt – mit Geld der Kunden.
Energieintensive Firmen, die bei Engpässen kurzfristig auf Strom verzichten, dürfen ebenfalls auf zusätzliche Einnahmen hoffen. Sie kassieren dafür, dass sie eine „Abschaltleistung“ bereitstellen, also im Notfall keinen Strom mehr verbrauchen. Auch diese Zahlungen werden auf den Preis umgelegt.
Den Durchschnittsbürger trifft es doppelt, denn er wird nicht nur als Stromkunde, sondern auch als Steuerzahler belastet. Allein die im Jahr 1999 als Ökosteuer eingeführte Abgabe sieht zahlreiche Ausnahmen für die Industrie vor. Mehrfachförderungen sind ausdrücklich möglich. Im Jahr 2010 summierten sich diese Steuerrabatte auf 5,4 Milliarden Euro.
Weitere Vergünstigungen folgen: Erst in der vergangenen Woche präsentierte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) im Kabinett seine neueste Idee zur Entlastung der Wirtschaft: die Strompreiskompensation als Ausgleich für den ab 2013 vorgesehenen Kauf von Emissionszertifikaten. Kosten ab 2014: rund 350 Millionen Euro pro Jahr.
Nicht nur Privatkunden zahlen für die Entlastung der Großindustrie, auch der Mittelstand wird belastet. So wie etwa die Firma Rees aus Wehingen auf der Schwäbischen Alb. Das Unternehmen ist auf Zerspanungstechnik spezialisiert. Ein Familienbetrieb, 80 Mitarbeiter, knapp zehn Millionen Euro Jahresumsatz. Inhaber Thomas Rees plant gerade für das nächste Jahr – und das macht ihm keine Freude. Er kalkuliert mit Mehrkosten für Strom von gut 40 000 Euro. „Bei einer Umsatzrendite von zwei Prozent“, sagt Rees, „müssten wir also rechnerisch zwei Millionen Euro Umsatz mehr machen, um das wieder aufzufangen.“ Mehr Umsatz würde dann höhere Energiekosten nach sich ziehen – ein Teufelskreis.
Rees kann nicht auf Ausnahmeregelungen hoffen – obwohl er im Wettbewerb zu internationalen Konkurrenten steht. „Manchmal“, sagt Rees, „frage ich mich, ob die in Berlin überhaupt wissen, was sie da tun.“
Siegfried Fischer jedenfalls, der Stromkunde aus Gevelsberg, will die Mehrkosten nicht hinnehmen. Er hat auf Anraten der Verbraucherschutzzentrale einen billigeren Energieversorger gewählt. „Die Wechselei ist zwar lästig“, sagt Fischer, „aber sie ist die einzige Chance, etwas gegen steigende Stromtarife zu unternehmen.“ Jetzt hat Fischer erst einmal Ruhe – bis zur nächsten Preiserhöhung
Ende November erhielt Familienvater Siegfried Fischer Post von seinem Energieversorger Stromio: Leider müsse man den Strompreis um zwölf Prozent erhöhen, schrieb das Unternehmen. Die Energiewende, die höheren Kosten, die neuen Gesetze, man bitte da um Verständnis.
Kaufmann Fischer rechnete fix nach: Für den Strom in seinem Einfamilienhaus in Gevelsberg nahe Wuppertal soll er in Zukunft knapp 250 Euro im Jahr mehr bezahlen. „Eine Frechheit“, findet der 57-Jährige. Am meisten ärgert ihn das Prinzip. „Alle zusätzlichen Kosten werden eins zu eins auf die Verbraucher abgewälzt.“
So wie Fischer haben in den vergangenen Wochen Millionen Deutsche schlechte Nachrichten von ihren Energieversorgern erhalten. Allein im November kündigten 687 Lieferanten Preiserhöhungen von durchschnittlich zwölf Prozent an. Das Internet-Verbraucherportal Verivox meldet „eine Strompreiswelle bisher ungekannten Ausmaßes“.
Experten sind sich einig, dass der Strompreis in Zukunft nur eine Richtung kennen wird: steil nach oben. Dabei zahlen die Deutschen bereits jetzt den zweithöchsten Tarif in Europa – nach den Dänen
Die Energiewende wird zum Kostenrisiko für Wirtschaft und Verbraucher, wie die Bundesregierung inzwischen selbst einräumt. Der neue Monitoringbericht fasst es in Bürokratendeutsch zusammen: „Die Energiekosten der Verbraucher erhöhen sich sowohl absolut als auch anteilig an den Haushaltseinkommen bzw. der Wertschöpfung von Gewerbe und Industrie.“ Hinzu kommt, dass die Preise für Erdöl, Gas und Kohle laut Bundesregierung „auf historische Höchststände angestiegen“ sind. Ein 4-Personen-Haushalt musste 2011 bereits 321 Euro mehr für die Energiekosten aufwenden. Die Autoren erinnern in dem 171 Seiten dicken Regierungsbericht daran, dass „die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Energieversorgung eine der Voraussetzungen ist, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland langfristig zu sichern und die Kostenbelastung der Haushalte beherrschbar zu halten“.
Hans-Peter Keitel sagt es deutlicher: „Die Wirtschaftlichkeit ist bereits jetzt akut gefährdet“, kritisiert der scheidende Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Die Zukunft des Landes steht auf dem Spiel.“ In Keitels Augen betreibt die Bundesregierung „Flickschusterei“. Sein Nachfolger Ulrich Grillo kritisierte Freitag vergangener Woche ebenfalls „mangelnde Planung und Kontrolle beim Umbau der Energiewirtschaft“. Den Verantwortlichen in der Politik ist das Thema unangenehm – nicht nur mit Blick auf das Wahljahr 2013.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch im Juni 2012 in einer Regierungserklärung stabile Preise versprochen. Ihr Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sah gar „Spielräume für Senkungen“ voraus. Und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) redete lange die EEG-Umlage klein, also den vom Stromkunden zu zahlenden Aufpreis für Ökoenergie. Doch der hat inzwischen kräftig zugelegt und steigt ab 2013 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde – zumindest für Otto Normalbürger.
Stromintensive Firmen wie Stahlhütten, Aluminiumhersteller oder die chemische Industrie hingegen können sich von dem Aufschlag befreien lassen. Bei der letzten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat die Regierung den Kreis der berechtigten Firmen beträchtlich ausgeweitet. Ihr Argument: besserer Schutz der Arbeitsplätze.
Von dieser Vergünstigung wollen nun viele Unternehmen profitieren. Entsprechend wächst die Zahl der beantragten Ausnahmen. Die Regierung räumt in ihrem Monitoringbericht einen beachtlichen Anstieg ein: 2013 sei mit bis zu 1900 Ausnahmegenehmigungen zu rechnen – nach 566 im Jahr 2010.
Das Muster ist einfach: Der Verbraucher zahlt für die Rabatte der Industrie. So werden Großabnehmer ab zehn Gigawattstunden grundsätzlich von den Netzentgelten befreit.
Darüber hinaus beschloss die Regierung Sondervergünstigungen für alle Abnehmer, die einen unregelmäßigen Stromverbrauch haben – zur Freude von Spielbanken, Golfplatzbetreibern oder Großraumkinos. Diese Ausnahmen zu Lasten der normalen Kunden haben solche Ausmaße erreicht, dass die EU-Kommission bereits wegen unerlaubter Beihilfen ermittelt.
Die Netzbetreiber kalkulieren die Vorteile der Industrie auf 440 Millionen Euro in diesem und mehr als 800 Millionen Euro im nächsten Jahr.
Kosten entstehen auch, wenn alles gut läuft: Wird bei günstigen Wetterlagen massenhaft Sonnenstrom und Windenergie produziert, fließt so viel in die Netze, dass deren Stabilität gefährdet ist. Zur Entlastung leiten die Betreiber den teuren deutschen Ökostrom dann in die Nachbarländer um – zur Not wird er verschenkt. 2010 bezahlten deutsche Kunden rund zehn Millionen Euro für Elektrizität, die hier nie verbraucht wurde. 2011 verdreifachte sich diese Summe auf rund 34 Millionen Euro.
Noch höhere Risiken gehen von den geplanten Offshore-Windparks vor der Küste aus. Denn diese sind zu großen Teilen noch nicht an das Netz angebunden. Auch hier haften die Verbraucher – mit bis zu einer Milliarde Euro.
Teuer für den Abnehmer sind zudem die Maßnahmen, mit denen die Regierung einen Zusammenbruch des Stromnetzes im Winter verhindern will. Unrentable Kraftwerke sollen im Bedarfsfall dazu gezwungen werden, am Netz zu bleiben. Für die Bereithaltung dieser Reserve werden die Kraftwerksbetreiber entschädigt – mit Geld der Kunden.
Energieintensive Firmen, die bei Engpässen kurzfristig auf Strom verzichten, dürfen ebenfalls auf zusätzliche Einnahmen hoffen. Sie kassieren dafür, dass sie eine „Abschaltleistung“ bereitstellen, also im Notfall keinen Strom mehr verbrauchen. Auch diese Zahlungen werden auf den Preis umgelegt.
Den Durchschnittsbürger trifft es doppelt, denn er wird nicht nur als Stromkunde, sondern auch als Steuerzahler belastet. Allein die im Jahr 1999 als Ökosteuer eingeführte Abgabe sieht zahlreiche Ausnahmen für die Industrie vor. Mehrfachförderungen sind ausdrücklich möglich. Im Jahr 2010 summierten sich diese Steuerrabatte auf 5,4 Milliarden Euro.
Weitere Vergünstigungen folgen: Erst in der vergangenen Woche präsentierte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) im Kabinett seine neueste Idee zur Entlastung der Wirtschaft: die Strompreiskompensation als Ausgleich für den ab 2013 vorgesehenen Kauf von Emissionszertifikaten. Kosten ab 2014: rund 350 Millionen Euro pro Jahr.
Nicht nur Privatkunden zahlen für die Entlastung der Großindustrie, auch der Mittelstand wird belastet. So wie etwa die Firma Rees aus Wehingen auf der Schwäbischen Alb. Das Unternehmen ist auf Zerspanungstechnik spezialisiert. Ein Familienbetrieb, 80 Mitarbeiter, knapp zehn Millionen Euro Jahresumsatz. Inhaber Thomas Rees plant gerade für das nächste Jahr – und das macht ihm keine Freude. Er kalkuliert mit Mehrkosten für Strom von gut 40 000 Euro. „Bei einer Umsatzrendite von zwei Prozent“, sagt Rees, „müssten wir also rechnerisch zwei Millionen Euro Umsatz mehr machen, um das wieder aufzufangen.“ Mehr Umsatz würde dann höhere Energiekosten nach sich ziehen – ein Teufelskreis.
Rees kann nicht auf Ausnahmeregelungen hoffen – obwohl er im Wettbewerb zu internationalen Konkurrenten steht. „Manchmal“, sagt Rees, „frage ich mich, ob die in Berlin überhaupt wissen, was sie da tun.“
Siegfried Fischer jedenfalls, der Stromkunde aus Gevelsberg, will die Mehrkosten nicht hinnehmen. Er hat auf Anraten der Verbraucherschutzzentrale einen billigeren Energieversorger gewählt. „Die Wechselei ist zwar lästig“, sagt Fischer, „aber sie ist die einzige Chance, etwas gegen steigende Stromtarife zu unternehmen.“ Jetzt hat Fischer erst einmal Ruhe – bis zur nächsten Preiserhöhung
Ökostromförderung kostet immer mehr
Die Erzeugung von Ökostrom kam die Verbraucher 2012 so teuer zu stehen wie in keinem Jahr zuvor. Deutschlands Stromkunden zahlten den Ökostromerzeugern einem Bericht zufolge erstmals mehr als 20 Milliarden Euro – aber zum größten Teil unfreiwillig.
Deutschlands Stromkunden haben den Produzenten von erneuerbarer Energie im Jahr 2013 gut 20 Milliarden Euro überwiesen, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom Montag berichtete. Fast 17 Milliarden Euro davon zahlten die Stromverbraucher mit einer Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz („EEG-Umlage“).
Der Marktwert des Stroms betrug demnach nur einen Bruchteil dessen: An der Börse, wo die Erzeuger den Strom verkaufen müssen, erhielten sie dafür nur 2,9 Milliarden Euro.
Rekord bei Solaranlagen
Trotz einer Förderkürzung sind in Deutschland noch nie so viele Solaranlagen neu installiert worden wie 2012. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wurden im Dezember neue Anlagen mit einer Leistung von 360 Megawatt gemeldet. Damit stieg die installierte Gesamtleistung im abgelaufenen Jahr auf rund 7630 Megawatt. Der bisherige Rekord lag bei 7500 Megawatt 2011.
Das Ministerium betonte, seit Oktober greife die im Sommer beschlossene Förderkürzung, der zuvor unkontrollierte Photovoltaik-Ausbau gehe signifikant zurück. Der stärkste Monat war der Juni mit 1790 Megawatt an installierter Leistung – ein monatelanges Gezerre zwischen Bund und Ländern um das Ausmaß von Förderkürzungen hatte noch einmal aus Sorge vor harten Einschnitten den Zubau gerade im Frühjahr in die Höhe getrieben.
Für die Bürger hat der Solarboom den Nachteil, dass er die Förderzahlungen weiter treibt. Denn die Kosten für die auf 20 Jahre garantierten festen Vergütungssätze werden per Ökostrom-Umlage auf die Strompreise der Bürger aufgeschlagen, zudem kann der Netzausbau bisher mit dem Tempo nicht standhalten.
Deutschlands Stromkunden haben den Produzenten von erneuerbarer Energie im Jahr 2013 gut 20 Milliarden Euro überwiesen, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom Montag berichtete. Fast 17 Milliarden Euro davon zahlten die Stromverbraucher mit einer Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz („EEG-Umlage“).
Der Marktwert des Stroms betrug demnach nur einen Bruchteil dessen: An der Börse, wo die Erzeuger den Strom verkaufen müssen, erhielten sie dafür nur 2,9 Milliarden Euro.
Rekord bei Solaranlagen
Trotz einer Förderkürzung sind in Deutschland noch nie so viele Solaranlagen neu installiert worden wie 2012. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wurden im Dezember neue Anlagen mit einer Leistung von 360 Megawatt gemeldet. Damit stieg die installierte Gesamtleistung im abgelaufenen Jahr auf rund 7630 Megawatt. Der bisherige Rekord lag bei 7500 Megawatt 2011.
Das Ministerium betonte, seit Oktober greife die im Sommer beschlossene Förderkürzung, der zuvor unkontrollierte Photovoltaik-Ausbau gehe signifikant zurück. Der stärkste Monat war der Juni mit 1790 Megawatt an installierter Leistung – ein monatelanges Gezerre zwischen Bund und Ländern um das Ausmaß von Förderkürzungen hatte noch einmal aus Sorge vor harten Einschnitten den Zubau gerade im Frühjahr in die Höhe getrieben.
Für die Bürger hat der Solarboom den Nachteil, dass er die Förderzahlungen weiter treibt. Denn die Kosten für die auf 20 Jahre garantierten festen Vergütungssätze werden per Ökostrom-Umlage auf die Strompreise der Bürger aufgeschlagen, zudem kann der Netzausbau bisher mit dem Tempo nicht standhalten.
Umweltminister Altmaier will Ökostrom-Umlage einfrieren
Angesichts steigender Strompreise will Umweltminister Peter Altmaier mit harten Einschnitten bei der Ökostrom-Förderung die Belastung der Verbraucher dämpfen. Noch vor der Bundestagswahl soll ein Gesetzespaket beschlossen werden, das die Ökostrom-Umlage einfriert.
Auf die Betreiber von Wind- und Solarparks sollen Sonderlasten zukommen. „Es ist nicht vertretbar, dass das Kostensrisiko für die Zukunft weiterhin einseitig und ausschließlich beim Stromkunden liegt“, sagte Altmaier am Montag in Berlin.
In diesem und im nächsten Jahr solle die von allen Kunden zu zahlende Umlage auf der jetzigen Höhe von 5,277 Cent pro Kilowattstunde eingefroren werden, kündigte der CDU-Politiker an. In den Jahren danach darf sie dem Konzept zufolge um maximal 2,5 Prozent steigen.
Rasant steigende Kosten
Die auf den Strompreis aufgeschlagene Umlage war zum Jahresbeginn von 3,59 auf 5,277 Cent je Kilowattstunde gestiegen. Dadurch muss ein Durchschnittshaushalt bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden bereits netto 185 Euro nur für die Förderung von Solar- und Windparks sowie Biogasanlagen zahlen. Diese erhalten auf 20 Jahre garantierte feste Vergütungen.
Die Differenz zwischen dem am Markt erzielten Preis und der Einspeisevergütung zahlen die Verbraucher per Umlage über den Strompreis. Zum Jahresbeginn waren die Strompreise – auch wegen einer Ausweitung von Industrierabatten und gestiegenen Netzentgelten – um im Schnitt zwölf Prozent gestiegen
Verzicht statt Förderung
Nach Altmaiers Plänen müssten die Betreiber von Solar-, Wind- oder Biomasse-Anlagen harte Einschnitte hinnehmen: Solle sich abzeichnen, dass die Umlage nicht gehalten werden kann, fließt die garantierte Abnahmevergütung für Ökostrom erst einige Monate nach der Inbetriebnahme neuer Anlagen. Erstmals sollen zudem auch die Besitzer bestehender Ökostrom-Kraftwerke zur Kasse gebeten werden: Mit einem „Energie-Soli“ müssen sie für eine gewisse Zeit auf Teile der Vergütung verzichten. Dies soll laut Altmaier rund 300 Millionen Euro bringen.
Zudem soll die Industrie wieder stärker an den Kosten der Ökostromförderung beteiligt werden. Ausnahmeregelungen werden beschnitten und die Mindestumlage erhöht. Wer Ökostrom selbst verbraucht, und daher bisher die Umlage nicht zahlen musste, soll nun auch an ihr beteiligt werden.
Das Paket soll Altmaier zufolge bis August, also noch vor der Bundestagswahl, in Kraft treten. Bisher hatte Altmaier anders als der Koalitionspartner FDP Reformen noch vor der Wahl als nicht durchsetzbar bezeichnet.
Angesichts steigender Strompreise will Umweltminister Peter Altmaier mit harten Einschnitten bei der Ökostrom-Förderung die Belastung der Verbraucher dämpfen. Noch vor der Bundestagswahl soll ein Gesetzespaket beschlossen werden, das die Ökostrom-Umlage einfriert.
Auf die Betreiber von Wind- und Solarparks sollen Sonderlasten zukommen. „Es ist nicht vertretbar, dass das Kostensrisiko für die Zukunft weiterhin einseitig und ausschließlich beim Stromkunden liegt“, sagte Altmaier am Montag in Berlin.
In diesem und im nächsten Jahr solle die von allen Kunden zu zahlende Umlage auf der jetzigen Höhe von 5,277 Cent pro Kilowattstunde eingefroren werden, kündigte der CDU-Politiker an. In den Jahren danach darf sie dem Konzept zufolge um maximal 2,5 Prozent steigen.
Rasant steigende Kosten
Die auf den Strompreis aufgeschlagene Umlage war zum Jahresbeginn von 3,59 auf 5,277 Cent je Kilowattstunde gestiegen. Dadurch muss ein Durchschnittshaushalt bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden bereits netto 185 Euro nur für die Förderung von Solar- und Windparks sowie Biogasanlagen zahlen. Diese erhalten auf 20 Jahre garantierte feste Vergütungen.
Die Differenz zwischen dem am Markt erzielten Preis und der Einspeisevergütung zahlen die Verbraucher per Umlage über den Strompreis. Zum Jahresbeginn waren die Strompreise – auch wegen einer Ausweitung von Industrierabatten und gestiegenen Netzentgelten – um im Schnitt zwölf Prozent gestiegen
Verzicht statt Förderung
Nach Altmaiers Plänen müssten die Betreiber von Solar-, Wind- oder Biomasse-Anlagen harte Einschnitte hinnehmen: Solle sich abzeichnen, dass die Umlage nicht gehalten werden kann, fließt die garantierte Abnahmevergütung für Ökostrom erst einige Monate nach der Inbetriebnahme neuer Anlagen. Erstmals sollen zudem auch die Besitzer bestehender Ökostrom-Kraftwerke zur Kasse gebeten werden: Mit einem „Energie-Soli“ müssen sie für eine gewisse Zeit auf Teile der Vergütung verzichten. Dies soll laut Altmaier rund 300 Millionen Euro bringen.
Zudem soll die Industrie wieder stärker an den Kosten der Ökostromförderung beteiligt werden. Ausnahmeregelungen werden beschnitten und die Mindestumlage erhöht. Wer Ökostrom selbst verbraucht, und daher bisher die Umlage nicht zahlen musste, soll nun auch an ihr beteiligt werden.
Das Paket soll Altmaier zufolge bis August, also noch vor der Bundestagswahl, in Kraft treten. Bisher hatte Altmaier anders als der Koalitionspartner FDP Reformen noch vor der Wahl als nicht durchsetzbar bezeichnet.
Ist die Energiewende am Ende?
Was bedeutet die geplante „Strompreis-Bremse“ von Bundesumweltminister Peter Altmaier für die Energiewende und Anleger, die in Erneuerbare-Energien-Fonds investiert haben? Ein Kommentar von Hermann Klughardt, Geschäftsführer von Voigt & Collegen. Das Emissionshaus ist Marktführer für geschlossene Fonds, die in Erneuerbare Energien investieren
Was ist geplant? Altmaier will die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelte Umlage 2013 und 2014 konstant halten, einen einmaligen „Energie-Soli“ von Betreibern von Bestandsanlagen erheben und die Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen begrenzen.
Was bedeuten die angekündigten Maßnahmen für die Anleger? Das zeitweilige Einfrieren der EEG-Umlage hat keine Auswirkungen auf bereits bestehende Anlagen. Diese erhalten weiterhin die Einspeisevergütung entsprechend der Photovoltaik-Novelle von Juni 2012. Nur bei neu errichteten Anlagen könnte es nach Altmaiers Plänen zu einer verzögerten Auszahlung der EEG-Umlage kommen. Meines Erachtens können neue Photovoltaikanlagen in absehbarer Zeit aber trotzdem profitabel betrieben werden. Aufgrund insgesamt steigender Strompreise und immer effizienterer Technologien ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Netzparität auch in Deutschland erreicht und damit Solarstrom ohne Förderung wettbewerbsfähig ist.
Deutlich kritischer sehe ich den sogenannten „Energie-Soli“, mit dem Betreiber bestehender Kraftwerke für eine gewisse Zeit auf einen Teil ihrer Vergütung verzichten sollen. Eine solche Zwangsabgabe würde ein falsches Signal an alle Investoren und Anleger senden, die im Vertrauen auf die Gültigkeit gesetzlicher Regelungen ihre Investitionsentscheidung getroffen haben. Dieser Vertrauensschutz ist ein Grundsatz jeder Demokratie. Eine rückwirkende Vergütungskürzung würde einen Eingriff in dieses Grundprinzip darstellen. Falls der Energie-Soli Realität wird, müsste sich jeder Anleger künftig fragen, was staatliche Zusagen wie Einspeisegarantien tatsächlich Wert sind.
Für sehr sinnvoll erachte ich dagegen die Reduzierung der Ausnahmeregelungen bei der EEG-Befreiung. Dieser Schritt ist längst überfällig, da eine Befreiung der Betriebe mit dem höchsten Stromverbrauch unvereinbar mit den Zielen einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Energieerzeugung ist.
Kurzum: Werden die Pläne des Umweltministers in der vorgeschlagenen Form umgesetzt, würde das die Energiewende tatsächlich etwas ausbremsen. Große Auswirkung auf Ihre Akzeptanz unter den Bürgern würden sie jedoch nicht haben, da die Auswirkungen auf die Strompreissteigerungen nicht sehr groß sein würden. Bedenklich stimmen mich diese Pläne jedoch hinsichtlich des Vertrauens, welches man in die Politik und staatliche Zusagen dann noch haben dürfte. Damit Anleger auch in Zukunft ihr Geld bedenkenlos in die umweltfreundliche Energieerzeugung investieren können, muss der Vertrauensschutz unbedingt gewahrt bleiben.
* Das Investment
Was ist geplant? Altmaier will die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelte Umlage 2013 und 2014 konstant halten, einen einmaligen „Energie-Soli“ von Betreibern von Bestandsanlagen erheben und die Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen begrenzen.
Was bedeuten die angekündigten Maßnahmen für die Anleger? Das zeitweilige Einfrieren der EEG-Umlage hat keine Auswirkungen auf bereits bestehende Anlagen. Diese erhalten weiterhin die Einspeisevergütung entsprechend der Photovoltaik-Novelle von Juni 2012. Nur bei neu errichteten Anlagen könnte es nach Altmaiers Plänen zu einer verzögerten Auszahlung der EEG-Umlage kommen. Meines Erachtens können neue Photovoltaikanlagen in absehbarer Zeit aber trotzdem profitabel betrieben werden. Aufgrund insgesamt steigender Strompreise und immer effizienterer Technologien ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Netzparität auch in Deutschland erreicht und damit Solarstrom ohne Förderung wettbewerbsfähig ist.
Deutlich kritischer sehe ich den sogenannten „Energie-Soli“, mit dem Betreiber bestehender Kraftwerke für eine gewisse Zeit auf einen Teil ihrer Vergütung verzichten sollen. Eine solche Zwangsabgabe würde ein falsches Signal an alle Investoren und Anleger senden, die im Vertrauen auf die Gültigkeit gesetzlicher Regelungen ihre Investitionsentscheidung getroffen haben. Dieser Vertrauensschutz ist ein Grundsatz jeder Demokratie. Eine rückwirkende Vergütungskürzung würde einen Eingriff in dieses Grundprinzip darstellen. Falls der Energie-Soli Realität wird, müsste sich jeder Anleger künftig fragen, was staatliche Zusagen wie Einspeisegarantien tatsächlich Wert sind.
Für sehr sinnvoll erachte ich dagegen die Reduzierung der Ausnahmeregelungen bei der EEG-Befreiung. Dieser Schritt ist längst überfällig, da eine Befreiung der Betriebe mit dem höchsten Stromverbrauch unvereinbar mit den Zielen einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Energieerzeugung ist.
Kurzum: Werden die Pläne des Umweltministers in der vorgeschlagenen Form umgesetzt, würde das die Energiewende tatsächlich etwas ausbremsen. Große Auswirkung auf Ihre Akzeptanz unter den Bürgern würden sie jedoch nicht haben, da die Auswirkungen auf die Strompreissteigerungen nicht sehr groß sein würden. Bedenklich stimmen mich diese Pläne jedoch hinsichtlich des Vertrauens, welches man in die Politik und staatliche Zusagen dann noch haben dürfte. Damit Anleger auch in Zukunft ihr Geld bedenkenlos in die umweltfreundliche Energieerzeugung investieren können, muss der Vertrauensschutz unbedingt gewahrt bleiben.
* Das Investment
Die Subventionen für die deutsche Industrie bei den Umwelt- und Energieabgaben steigen in diesem Jahr einer Studie zufolge auf 16,2 Milliarden Euro. Dabei werden insbesondere Entlastungen der Unternehmen von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stark ausgeweitet, wie die „Frankfurter Rundschau” aus der Untersuchung des Instituts Arepo Consult zitiert. Voriges Jahr hatte Arepo die Subventionen auf knapp zehn Milliarden Euro taxiert, dabei allerdings einige Posten unberücksichtigt gelassen.
Politik der Energiewende macht große Versorger kaputt
Die vier großen Versorger sind ein Schatten ihrer selbst. Die Politik der Energiewende hat den Unternehmenswert, die Finanzkraft und die Substanz dezimiert. Den Chefs bleibt vorläufig nur, sich durchzuwurschteln – Ziel und Ausgang offen
Frank Mastiaux, seit knapp über 100 Tagen Chef des baden-württembergischen Stromversorgers EnBW, gab sich vorige Woche am Konzernsitz in Karlsruhe als weitsichtiger Stratege: „Schnellschüsse wird es bei uns nicht geben.“
Der 49-Jährige hat 15 Experten benannt, die eine neue Strategie ausarbeiten sollen – Manager „mit Biss und Birne“, wie Mastiaux sagt. Mit Birne, weil es viel Hirnschmalz braucht, um dem atomlastigen Riesen eine Zukunft zu eröffnen. Und mit Biss, weil Mastiaux jede Beteiligung und jedes Kraftwerk gnadenlos auf Wirtschaftlichkeit prüfen muss.
Es sieht düster aus für die großen vier der deutschen Energiebranche, speziell auch für die Nummer drei EnBW. 13.400 Megawatt Strom kann der Energiekonzern derzeit erzeugen, genügend, um zwölf Städte der Größe Stuttgarts mit Energie zu versorgen. Aber Geld verdient der Riese im Eigentum des grün-rot regierten Baden-Württembergs und mehrerer oberschwäbischer Kommunen keines.
Hohe Rohstoffpreise und der Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Stromeinspeisung ins Netz machen die Gas- und Kohlekraftwerke zum Minusgeschäft. Seitdem EnBW vor fast zwei Jahren zwei seiner vier Atomkraftwerke abschalten musste, drehten die Zahlen ins Minus. Nach einem Verlust von 867 Millionen Euro 2011 dürfte auch die Bilanz 2012, die Mastiaux im März vorlegen will, nicht rosig ausfallen.
Ob EnBW oder RWE, Branchenprimus E.On oder die Nummer vier hierzulande, Vattenfall: Der mittelfristige Ausstieg aus der Atomkraft, obwohl erst für 2022 terminiert, hat zusammen mit dem rasanten, hoch subventionierten Ausbau der Solar- und Windenergie die Geschäftsmodelle zerbröselt und die Konzerne geschwächt.
Ohne Rücksicht
„Wir haben zu stark in Megawatt und Kilometern gedacht, jetzt müssen wir uns an Watt und Meter gewöhnen“, resümiert Mastiaux bitter und stöhnt über die völlig veränderte Geschäftslage. Jeder 60. Deutsche versorgt sich bereits selbst mit Energie und braucht die großen Versorger nicht mehr, Tendenz steigend. Die Haushaltskunden, früher eine träge Masse, wechselten immer häufiger die Stromlieferanten. Waren es früher nur vier Prozent pro Jahr, wählten in der zweiten Hälfte 2012 in der gesamten Branche gut 25 Prozent den Anbieter oder den Stromtarif.
Um nicht unter die Solarpaneele und Windräder zu kommen, bleibt EnBW wie RWE im Jahr zwei der Energiewende erst einmal nur, möglichst schnell Geschäft zu verkaufen. So soll EnBW planen, den Billigstromanbieter Yello loszuschlagen, heißt es in Branchenkreisen. Branchenführer E.On will sich von einst mächtigen Regionalversorgern trennen, etwa von der Tochter E.On Westfalen Weser. Hauptsache, das bringt Geld, um die unternehmerische Handlungsfähigkeit nicht vollends zu verlieren.
Schuld an dem Ausverkauf ist die Politik, die ohne Rücksicht auf die Unternehmen gleich eine doppelte Wende durchpeitschte und ihnen damit beträchtlichen Teil der Geschäftsgrundlage entzog. Auf der einen Seite entwerteten die Sofortabschaltung der ersten acht Atomkraftwerke, die Rücknahme der Laufzeitverlängerung und die deutlich verkürzten Restlaufzeiten bis 2022 die Meiler. Auch wenn die Noch- und Ex-Betreiber hoffen, sich den Milliardenschaden per Gericht beim Steuerzahler wiederzuholen: Bis klar ist, ob und wie viel Geld fließt, werden noch Jahre vergehen.
Überflüssige Puffer
Auf der anderen Seite zehrt der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien an den Verdienstmöglichkeiten. Zwar beschloss die Koalition im vergangenen Jahr, die geförderte Installation von Solaranlagen in Deutschland zu deckeln. Dadurch setzte sie aber ein Windhundrennen in Gang und trieb die Zahl der Neuinstallationen in neue Höhen. Zusammen mit dem staatlich verordneten Vorrang für Grünstrom bei der Einspeisung ins Netz führt das dazu, dass konventionelle Kraftwerke immer weniger Stunden gebraucht werden, wenn Sonne und Wind nicht genügend Strom liefern. Die Stilllegung solcher unrentablen Anlagen hatte die Bundesnetzagentur im vergangenen Winter sogar verboten. Künftig wollen sich die Kraftwerksbetreiber das nicht bieten lassen.
E.On-Chef Johannes Teyssen bekommt diese Politik vor allem bei seinen Gaskraftwerken zu spüren, die keinen Cent Gewinn mehr abwerfen. Einst als Puffer in wind- und sonnenarmen Zeiten gelobt, werden die Meiler nun weniger gebraucht als gedacht. Bis 2015 muss Teyssen elf Megawatt Gas- und Kohlekraftwerke stilllegen, das entspricht der Leistung von rund zehn Atomkraftwerken. 30 konventionelle Anlagen will er vom Netz nehmen.
Zwar investiert E.On im Gegenzug kräftig in erneuerbare Energien. Die Düsseldorfer betreiben derzeit fünf Windparks in der Nord-, Ost- und Irischen See und planen, etwa alle 18 Monate eine neue Anlage in Betrieb zu nehmen. Und vor der britischen Küste bauen die Rheinländer zusammen mit dem dänischen Energiekonzern Dong und Abu Dhabi den weltweit größten Meereswindpark, London Array. Nach vollständiger Fertigstellung Ende 2016 soll die Riesenanlage Strom für 750.000 britische Haushalte erzeugen.
Der Zuwachs an Windenergie kann aber nicht ausgleichen, was an fossilen Kraftwerken wegfällt. „Wir gehen davon aus, dass wir Ende 2015 über eine Erzeugungsleistung von über 1.000 Megawatt verfügen werden“, schwärmte unlängst der für Windkraftprojekte des Konzerns zuständige E.On-Manager Sven Utermöhlen. Gemessen an den stillgelegten fossilen Meilern, wäre das jedoch nur ein Klacks.
Während E.On sich weltweit als drittgrößten Windparkbetreiber auf hoher See sieht, ist bei RWE von „VoRWEg gehen“, wie es in der Konzernwerbung heißt, auf diesem Gebiet wenig zu sehen. Weil die Essener später als E.On starteten, läuft ihnen bei den geplanten Offshore-Windparks Nordsee Ost und Innogy Nordsee die Zeit davon. Es fehlen Investoren und Netzanschlüsse, Genehmigungsverfahren kommen nicht voran, Ausrüster können nicht schnell genug liefern, und es mangelt an Spezialschiffen für den Aufbau der Fundamente und Mühlen
Und auch RWE-Chef Terium kann nicht hoffen, vom Grünstrom bedrohte Kraftwerke bald durch neue Ökoanlagen zu ersetzen. Die beiden RWE-Windparks North Noyle und Rhyl Flats vor der Küste von Nordwales liefern zwar seit Jahren Strom. Und vor der belgischen Küste nahm RWE Ende Januar die zweite Ausbaustufe des Offshore-Windparks Thornton Bank in Betrieb, an dem das Unternehmen 26,7 Prozent hält. Geht die dritte und letzte Stufe im Sommer ans Netz, stehen trotzdem nur Anlagen mit 325 Megawatt im Wind. Das ist nicht einmal die Hälfte der Leistung eines Steinkohlekraftwerks, das vor grünem Strom kapituliert. Einzig die Braunkohlekraftwerke von RWE laufen wegen der zurzeit billigen Emissionszertifikate für Verschmutzungsrechte profitabel.
Auch das Land Baden-Württemberg, das vor über einem Jahr für rund fünf Milliarden Euro eine 46,5-prozentige Beteiligung an EnBW erworben hat, wird seines Versorgers nicht mehr so richtig froh. Immerhin kann Mastiaux darauf bauen, dass die grün-rote Landesregierung Wind und Solar als ihre Herzenssache betrachtet: Weil aber die Energiewende EnBW die Einnahmen wegfrisst, schwindet auch Mastiauxs’ Handlungsspielraum. Mit dem Offshore- Windpark EnBW Baltic 1 hatte Mastiauxs’ Vorgänger Hans-Peter Villis 2011 den ersten kommerziellen Offshore-Windpark in der deutschen Ostsee in Betrieb genommen. Aktuell baut EnBW Baltic 2.
Doch das war’s erst einmal. Das geplante Windmühlenfeld Hohe See in der Nordsee will EnBW-Chef Mastiaux weiter ruhen lassen. Die Investitionsrisiken seien nach wie vor zu groß. Bei der Windenergie an Land hinkt EnBW den Wettbewerbern aus Düsseldorf und Essen abgeschlagen hinterher. E.On hat bereits 3.500 Megawatt, RWE rund 1.500 Megawatt installiert. EnBW bringt es auf mickrige 170 Megawatt.
Die Nummer vier, der schwedische Versorger Vattenfall, musste bei seiner deutschen Tochter im vierten Quartal 2012 einen Absturz beim Gewinn von 350 auf 150 Millionen Euro hinnehmen. Die Skandinavier, die ihre Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel an der Elbe abstöpseln mussten, profitieren ähnlich wie RWE nur noch von ihren Braunkohlekraftwerken
Inzwischen befürchtet die Politik, die Geister, die sie rief, könnten den Bürgern zu stark auf Geist und Portemonnaie gehen. Selbst Grüne und SPD wollen Verbraucher und Mittelstand beim Strompreis entlasten, nachdem Umweltminister Peter Altmaier die Idee einer Strompreisbremse in die Welt gesetzt hatte. Wie und wer stattdessen bezahlen muss, darauf haben sich Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler geeinigt. Beide wollen die Betreiber der Ökoanlagen beteiligen, indem die Vergütung für neu zu bauende, aber auch für bestehende Anlagen reduziert wird
Um die Grünen auf ihre Seite zu ziehen, wollen Altmaier und Rösler den Kreis jener Unternehmen verkleinern, die ganz oder teilweise von der Ökostromumlage befreit sind. Künftig soll der Bonus nur für Branchen gelten, die im „intensiven“ internationalen Wettbewerb stehen. Die Begünstigten sollen zudem einen höheren Mindestbeitrag in den Ökostromtopf zahlen. Und auch der Eigenverbrauch der Ökostromerzeuger könnte der Umlage für die erneuerbaren Energien unterworfen werden – Ausnahmen für Kleinstanlagen und Kraft-Wärme-Kopplung inklusive.
Pech nur für E.On, RWE, EnBW und Vattenfall: Ihnen hilft das herzlich wenig.
* WiWo
Frank Mastiaux, seit knapp über 100 Tagen Chef des baden-württembergischen Stromversorgers EnBW, gab sich vorige Woche am Konzernsitz in Karlsruhe als weitsichtiger Stratege: „Schnellschüsse wird es bei uns nicht geben.“
Der 49-Jährige hat 15 Experten benannt, die eine neue Strategie ausarbeiten sollen – Manager „mit Biss und Birne“, wie Mastiaux sagt. Mit Birne, weil es viel Hirnschmalz braucht, um dem atomlastigen Riesen eine Zukunft zu eröffnen. Und mit Biss, weil Mastiaux jede Beteiligung und jedes Kraftwerk gnadenlos auf Wirtschaftlichkeit prüfen muss.
Es sieht düster aus für die großen vier der deutschen Energiebranche, speziell auch für die Nummer drei EnBW. 13.400 Megawatt Strom kann der Energiekonzern derzeit erzeugen, genügend, um zwölf Städte der Größe Stuttgarts mit Energie zu versorgen. Aber Geld verdient der Riese im Eigentum des grün-rot regierten Baden-Württembergs und mehrerer oberschwäbischer Kommunen keines.
Hohe Rohstoffpreise und der Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Stromeinspeisung ins Netz machen die Gas- und Kohlekraftwerke zum Minusgeschäft. Seitdem EnBW vor fast zwei Jahren zwei seiner vier Atomkraftwerke abschalten musste, drehten die Zahlen ins Minus. Nach einem Verlust von 867 Millionen Euro 2011 dürfte auch die Bilanz 2012, die Mastiaux im März vorlegen will, nicht rosig ausfallen.
Ob EnBW oder RWE, Branchenprimus E.On oder die Nummer vier hierzulande, Vattenfall: Der mittelfristige Ausstieg aus der Atomkraft, obwohl erst für 2022 terminiert, hat zusammen mit dem rasanten, hoch subventionierten Ausbau der Solar- und Windenergie die Geschäftsmodelle zerbröselt und die Konzerne geschwächt.
Ohne Rücksicht
„Wir haben zu stark in Megawatt und Kilometern gedacht, jetzt müssen wir uns an Watt und Meter gewöhnen“, resümiert Mastiaux bitter und stöhnt über die völlig veränderte Geschäftslage. Jeder 60. Deutsche versorgt sich bereits selbst mit Energie und braucht die großen Versorger nicht mehr, Tendenz steigend. Die Haushaltskunden, früher eine träge Masse, wechselten immer häufiger die Stromlieferanten. Waren es früher nur vier Prozent pro Jahr, wählten in der zweiten Hälfte 2012 in der gesamten Branche gut 25 Prozent den Anbieter oder den Stromtarif.
Um nicht unter die Solarpaneele und Windräder zu kommen, bleibt EnBW wie RWE im Jahr zwei der Energiewende erst einmal nur, möglichst schnell Geschäft zu verkaufen. So soll EnBW planen, den Billigstromanbieter Yello loszuschlagen, heißt es in Branchenkreisen. Branchenführer E.On will sich von einst mächtigen Regionalversorgern trennen, etwa von der Tochter E.On Westfalen Weser. Hauptsache, das bringt Geld, um die unternehmerische Handlungsfähigkeit nicht vollends zu verlieren.
Schuld an dem Ausverkauf ist die Politik, die ohne Rücksicht auf die Unternehmen gleich eine doppelte Wende durchpeitschte und ihnen damit beträchtlichen Teil der Geschäftsgrundlage entzog. Auf der einen Seite entwerteten die Sofortabschaltung der ersten acht Atomkraftwerke, die Rücknahme der Laufzeitverlängerung und die deutlich verkürzten Restlaufzeiten bis 2022 die Meiler. Auch wenn die Noch- und Ex-Betreiber hoffen, sich den Milliardenschaden per Gericht beim Steuerzahler wiederzuholen: Bis klar ist, ob und wie viel Geld fließt, werden noch Jahre vergehen.
Überflüssige Puffer
Auf der anderen Seite zehrt der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien an den Verdienstmöglichkeiten. Zwar beschloss die Koalition im vergangenen Jahr, die geförderte Installation von Solaranlagen in Deutschland zu deckeln. Dadurch setzte sie aber ein Windhundrennen in Gang und trieb die Zahl der Neuinstallationen in neue Höhen. Zusammen mit dem staatlich verordneten Vorrang für Grünstrom bei der Einspeisung ins Netz führt das dazu, dass konventionelle Kraftwerke immer weniger Stunden gebraucht werden, wenn Sonne und Wind nicht genügend Strom liefern. Die Stilllegung solcher unrentablen Anlagen hatte die Bundesnetzagentur im vergangenen Winter sogar verboten. Künftig wollen sich die Kraftwerksbetreiber das nicht bieten lassen.
E.On-Chef Johannes Teyssen bekommt diese Politik vor allem bei seinen Gaskraftwerken zu spüren, die keinen Cent Gewinn mehr abwerfen. Einst als Puffer in wind- und sonnenarmen Zeiten gelobt, werden die Meiler nun weniger gebraucht als gedacht. Bis 2015 muss Teyssen elf Megawatt Gas- und Kohlekraftwerke stilllegen, das entspricht der Leistung von rund zehn Atomkraftwerken. 30 konventionelle Anlagen will er vom Netz nehmen.
Zwar investiert E.On im Gegenzug kräftig in erneuerbare Energien. Die Düsseldorfer betreiben derzeit fünf Windparks in der Nord-, Ost- und Irischen See und planen, etwa alle 18 Monate eine neue Anlage in Betrieb zu nehmen. Und vor der britischen Küste bauen die Rheinländer zusammen mit dem dänischen Energiekonzern Dong und Abu Dhabi den weltweit größten Meereswindpark, London Array. Nach vollständiger Fertigstellung Ende 2016 soll die Riesenanlage Strom für 750.000 britische Haushalte erzeugen.
Der Zuwachs an Windenergie kann aber nicht ausgleichen, was an fossilen Kraftwerken wegfällt. „Wir gehen davon aus, dass wir Ende 2015 über eine Erzeugungsleistung von über 1.000 Megawatt verfügen werden“, schwärmte unlängst der für Windkraftprojekte des Konzerns zuständige E.On-Manager Sven Utermöhlen. Gemessen an den stillgelegten fossilen Meilern, wäre das jedoch nur ein Klacks.
Während E.On sich weltweit als drittgrößten Windparkbetreiber auf hoher See sieht, ist bei RWE von „VoRWEg gehen“, wie es in der Konzernwerbung heißt, auf diesem Gebiet wenig zu sehen. Weil die Essener später als E.On starteten, läuft ihnen bei den geplanten Offshore-Windparks Nordsee Ost und Innogy Nordsee die Zeit davon. Es fehlen Investoren und Netzanschlüsse, Genehmigungsverfahren kommen nicht voran, Ausrüster können nicht schnell genug liefern, und es mangelt an Spezialschiffen für den Aufbau der Fundamente und Mühlen
Und auch RWE-Chef Terium kann nicht hoffen, vom Grünstrom bedrohte Kraftwerke bald durch neue Ökoanlagen zu ersetzen. Die beiden RWE-Windparks North Noyle und Rhyl Flats vor der Küste von Nordwales liefern zwar seit Jahren Strom. Und vor der belgischen Küste nahm RWE Ende Januar die zweite Ausbaustufe des Offshore-Windparks Thornton Bank in Betrieb, an dem das Unternehmen 26,7 Prozent hält. Geht die dritte und letzte Stufe im Sommer ans Netz, stehen trotzdem nur Anlagen mit 325 Megawatt im Wind. Das ist nicht einmal die Hälfte der Leistung eines Steinkohlekraftwerks, das vor grünem Strom kapituliert. Einzig die Braunkohlekraftwerke von RWE laufen wegen der zurzeit billigen Emissionszertifikate für Verschmutzungsrechte profitabel.
Auch das Land Baden-Württemberg, das vor über einem Jahr für rund fünf Milliarden Euro eine 46,5-prozentige Beteiligung an EnBW erworben hat, wird seines Versorgers nicht mehr so richtig froh. Immerhin kann Mastiaux darauf bauen, dass die grün-rote Landesregierung Wind und Solar als ihre Herzenssache betrachtet: Weil aber die Energiewende EnBW die Einnahmen wegfrisst, schwindet auch Mastiauxs’ Handlungsspielraum. Mit dem Offshore- Windpark EnBW Baltic 1 hatte Mastiauxs’ Vorgänger Hans-Peter Villis 2011 den ersten kommerziellen Offshore-Windpark in der deutschen Ostsee in Betrieb genommen. Aktuell baut EnBW Baltic 2.
Doch das war’s erst einmal. Das geplante Windmühlenfeld Hohe See in der Nordsee will EnBW-Chef Mastiaux weiter ruhen lassen. Die Investitionsrisiken seien nach wie vor zu groß. Bei der Windenergie an Land hinkt EnBW den Wettbewerbern aus Düsseldorf und Essen abgeschlagen hinterher. E.On hat bereits 3.500 Megawatt, RWE rund 1.500 Megawatt installiert. EnBW bringt es auf mickrige 170 Megawatt.
Die Nummer vier, der schwedische Versorger Vattenfall, musste bei seiner deutschen Tochter im vierten Quartal 2012 einen Absturz beim Gewinn von 350 auf 150 Millionen Euro hinnehmen. Die Skandinavier, die ihre Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel an der Elbe abstöpseln mussten, profitieren ähnlich wie RWE nur noch von ihren Braunkohlekraftwerken
Inzwischen befürchtet die Politik, die Geister, die sie rief, könnten den Bürgern zu stark auf Geist und Portemonnaie gehen. Selbst Grüne und SPD wollen Verbraucher und Mittelstand beim Strompreis entlasten, nachdem Umweltminister Peter Altmaier die Idee einer Strompreisbremse in die Welt gesetzt hatte. Wie und wer stattdessen bezahlen muss, darauf haben sich Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler geeinigt. Beide wollen die Betreiber der Ökoanlagen beteiligen, indem die Vergütung für neu zu bauende, aber auch für bestehende Anlagen reduziert wird
Um die Grünen auf ihre Seite zu ziehen, wollen Altmaier und Rösler den Kreis jener Unternehmen verkleinern, die ganz oder teilweise von der Ökostromumlage befreit sind. Künftig soll der Bonus nur für Branchen gelten, die im „intensiven“ internationalen Wettbewerb stehen. Die Begünstigten sollen zudem einen höheren Mindestbeitrag in den Ökostromtopf zahlen. Und auch der Eigenverbrauch der Ökostromerzeuger könnte der Umlage für die erneuerbaren Energien unterworfen werden – Ausnahmen für Kleinstanlagen und Kraft-Wärme-Kopplung inklusive.
Pech nur für E.On, RWE, EnBW und Vattenfall: Ihnen hilft das herzlich wenig.
* WiWo
Energiewende droht Industriestandort Deutschland zu schwächen
Der Deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) warnt bei der Umsetzung der Energiewende vor einer Schwächung des Industriestandorts Deutschland. Die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Unternehmen dürfe nicht gefährdet werden, sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Freitagausgabe). Er reagierte damit auf die Diskussion um das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach die Befreiung dieser Betriebe von Netzentgelten nichtig ist. “Wollen wir Unternehmen in Deutschland halten, brauchen wir eine sichere, aber auch bezahlbare Energieversorgung”, unterstrich Driftmann.
Die Energiewende setze Deutschland unter hohen Erfolgsdruck. “Das Ausland schaut genau hin, ob es gelingt, die deutsche Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, ohne dass der Industriestandort leidet”, erklärte der DIHK-Präsident. Die Industrie-und Handelskammern seien regional verwurzelt und setzten diese Stärke ein, um vor Ort den Netzausbau voranzutreiben. “Ohne neue Netze ist die Energiewende zum Scheitern verurteilt”, sagte Driftmann.
Die Energiewende setze Deutschland unter hohen Erfolgsdruck. “Das Ausland schaut genau hin, ob es gelingt, die deutsche Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, ohne dass der Industriestandort leidet”, erklärte der DIHK-Präsident. Die Industrie-und Handelskammern seien regional verwurzelt und setzten diese Stärke ein, um vor Ort den Netzausbau voranzutreiben. “Ohne neue Netze ist die Energiewende zum Scheitern verurteilt”, sagte Driftmann.
Energiewende wird billiger als von Altmaier behauptet
Die Energiewende wird nach einem Bericht der “Frankfurter Rundschau” (Montag) wesentlich weniger kosten als die Summe von einer Billion Euro, die Umweltminister Peter Altmaier (CDU) genannt hat. Eine Untersuchung des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Greenpeace Energy und des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) zeige, dass die direkten Kosten drastisch niedriger ausfallen.
So habe Altmaier für die Förderung von Ökostromkraftwerken durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz einen Betrag von 677 Milliarden Euro bis 2040 angegeben. Eine genaue Abschätzung ist der Studie zufolge schwierig. Jedoch habe das Umweltministerium selbst in einer Untersuchung die Summe von 203 Milliarden Euro direkter Mehrkosten genannt. Diese Summe – ein Drittel der von Altmaier genannten 677 Milliarden Euro – werde von den Autoren der FÖS-Untersuchung als deutlich realistischer angesehen, heißt es in dem Zeitungsbericht
So habe Altmaier für die Förderung von Ökostromkraftwerken durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz einen Betrag von 677 Milliarden Euro bis 2040 angegeben. Eine genaue Abschätzung ist der Studie zufolge schwierig. Jedoch habe das Umweltministerium selbst in einer Untersuchung die Summe von 203 Milliarden Euro direkter Mehrkosten genannt. Diese Summe – ein Drittel der von Altmaier genannten 677 Milliarden Euro – werde von den Autoren der FÖS-Untersuchung als deutlich realistischer angesehen, heißt es in dem Zeitungsbericht
Sechs absurde Folgen der Energiewende
Heute trommelt Bundeskanzlerin Merkel die 16 Ministerpräsidenten zum Energiegipfel in Berlin zusammen. Das stockende Mammutprojekt soll wieder in Fahrt gebracht werden. Ein Überblick über die absurdesten Wirrungen der Energiewende.
Hamburg - Am heutigen Donnerstag steht im Kanzleramt der nächste Energiegipfel an. Mit den Länderchefs will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem über die Strompreisbremse verhandeln. Kritiker werfen der Regierung vor, das Mammutprojekt Energiewende ausgebremst zu haben. "Es gibt nicht eine Energiewende in Deutschland, sondern 16. Jedes Bundesland hat ein eigenes Konzept", sagt Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena).
Bund und Länder müssen sich nach Ansicht des Experten zwingend auf ein gemeinsames Ausbauziel für erneuerbare Energien einigen. "Die Bundesregierung hat ein Ausbauziel für regenerative Energien von 35 Prozent bis zum Jahr 2020. Die Planungen der Bundesländer ergeben zusammen 64 Prozent. Das passt vorn und hinten nicht zusammen", erklärt Kohler. Er fordert eine bundesweite Koordination des Zubaus. "In den norddeutschen Bundesländern wird die Windenergie sehr stark ausgebaut, das erforderliche Stromnetz ist aber noch gar nicht vorhanden", so Kohler.
Das Beispiel ist nur eines von vielen Absurditäten der Energiewende. Hier ein Überblick
(ohne Gewähr auf Vollständigkeit):
Hamburg - Am heutigen Donnerstag steht im Kanzleramt der nächste Energiegipfel an. Mit den Länderchefs will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem über die Strompreisbremse verhandeln. Kritiker werfen der Regierung vor, das Mammutprojekt Energiewende ausgebremst zu haben. "Es gibt nicht eine Energiewende in Deutschland, sondern 16. Jedes Bundesland hat ein eigenes Konzept", sagt Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena).
Bund und Länder müssen sich nach Ansicht des Experten zwingend auf ein gemeinsames Ausbauziel für erneuerbare Energien einigen. "Die Bundesregierung hat ein Ausbauziel für regenerative Energien von 35 Prozent bis zum Jahr 2020. Die Planungen der Bundesländer ergeben zusammen 64 Prozent. Das passt vorn und hinten nicht zusammen", erklärt Kohler. Er fordert eine bundesweite Koordination des Zubaus. "In den norddeutschen Bundesländern wird die Windenergie sehr stark ausgebaut, das erforderliche Stromnetz ist aber noch gar nicht vorhanden", so Kohler.
Das Beispiel ist nur eines von vielen Absurditäten der Energiewende. Hier ein Überblick
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