
Gesetzentwurf - noch schärfere Regeln für Fonds

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Neue Regeln für Investmentfonds
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Geschlossene Fonds, aber auch Hedge-Fonds und offene Immobilienfonds stehen vor einem Umbruch. Grund: Das Bundesfinanzministerium fasst in seinem neuen Diskussionsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) die Regeln für Investment- und geschlossene Fonds - bislang getrennte Welten - als Investmentvermögen zusammen. Eric Romba, Hauptgeschäftsführer des Verbands Geschlossene Fonds (VGF) in Berlin, sieht darin das "größte und umfassendste Regulierungsvorhaben" der Branche.
Der 545-Seiten-Entwurf und die Begründung sind harte Kost. Es wimmelt von Fachbegriffen und Abkürzungen wie AIF, OGAW, Master-Feeder-Strukturen und Verwahrstellen (siehe Glossar). Das geplante Gesetz soll schon am 22. Juli 2013 in Kraft treten, die Bundesrepublik setzt damit die EU-Richtlinie AIFM zu alternativen Investments um. Viel Zeit bleibt den Branchenvertretern also nicht, Änderungen zu erreichen. Marktbeobachter haben aber neben positiven Aspekten schon Punkte entdeckt, die sie für nicht praktikabel oder übertrieben halten. Die wichtigsten Fragen aus Privatanlegersicht im Überblick:
Wie kann in Sachwerte investiert werden?
Für Sachwerte sind nur noch geschlossene Strukturen möglich. Ab Sommer 2013 dürfen daher keine offenen Immobilienfonds mehr aufgelegt werden. Dafür gibt es Investmentaktiengesellschaften (Investment-AGs) und Investmentkommanditgesellschaften (Investment-KGs), je nach Typ offen oder geschlossen und mit fixem oder veränderlichem Kapital. In letzterem Fall ist es möglich, neue Anteile auszugeben und zurückzunehmen wie bei bisherigen Investmentfonds. Einige Typen sind nur für Profianleger gedacht.
Alle Anbieter brauchen eine Zulassung. "Damit geht die Bundesrepublik über die Mindestvorgaben der EU hinaus", erklärt die Steuerberaterin Antoinette Hiebeler-Hasner von Optegra:hhkl in München. "Das soll den Bodensatz unseriöser, kleiner Anbieter abfischen." Denn die Zulassung ist an strikte Voraussetzungen geknüpft. Der Aufwand überfordert aber vermutlich auch viele Bürgerwindparks und -solarparks.
Welche Investitionsobjekte sind erlaubt?
Bislang waren die Anbieter geschlossener Fonds völlig frei in der Wahl ihrer Investitionsobjekte. Zum Teil verfolgten sie dabei sehr innovative - und manchmal gewagte - Ansätze. Doch Fonds mit Wein oder Oldtimern wird es nach den neuen Vorstellungen nicht mehr geben. Der Diskussionsentwurf enthält einen Katalog von Vermögensgegenständen, in die ein geschlossener Fonds für Privatanleger investieren darf: Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, erneuerbare Energien, Anteile an geschlossenen Fonds und Projektgesellschaften im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP). "Empirisch ist nicht belegt, dass sich gerade diese Vermögenswerte besonders eignen", erklärt Rechtsanwalt Thorsten Voß von der Kanzlei Mayer Brown in Frankfurt. Die Auswahl erscheine willkürlich und beschneide innovative Ideen. Vor 15 Jahren etwa hätten es die erneuerbaren Energien wohl nicht auf die Liste geschafft. Sie galten damals als Nische. ÖPP-Projekte wiederum spielten bislang keine große Rolle. Angesichts leerer staatlicher Kassen ist es offensichtlich gewünscht, dass Investoren Mittel zur Verfügung stellen.
Warum gibt es Extraregeln für Fonds mit nur einem Investitionsobjekt?
Fast die Hälfte aller geschlossenen Fonds hatten in den vergangenen Jahren nur ein einziges Investitionsobjekt, etwa ein Schiff, Büroturm oder Flugzeug. Bei solchen Fonds müssen Anleger künftig mindestens 50.000 Euro investieren. Fonds mit geringeren Mindestzeichnungssummen müssen mehrere Objekte haben, weil das Ministerium vom "Grundsatz der Risikomischung" ausgeht. Allerdings gerieten in der Vergangenheit auch Fonds mit einem Portfolio an Objekten in Schieflage. Ein wirklicher Schutz ist diese Vorgabe also nicht. Für Dirk Hasselbring, Chef des Emissionshauses Hamburg Trust, kommt sie gar einer "Entmündigung der Anleger" und "indirekt einem Verbot von Ein-Objekt-Fonds für Privatanleger gleich".
Kredite dürfen nur noch 30 Prozent des Fondsvolumens ausmachen. Das soll die Anfälligkeit für Krisen senken. Die Regel trifft die Branche aber hart. Nach Angaben des VGF hatten 2011 gut die Hälfte aller Fonds mehr als 30 Prozent Fremdkapital. Unangenehme Wirkung der strikteren Vorgabe: "Das drückt gerade in einer Niedrigzinsphase die Renditen, die Anleger erwarten können", erklärt die Steuerberaterin Hiebeler-Hasner.
Bizarre Folge: Keine Schwierigkeiten haben Anbieter, die schon bislang wenig oder kaum Fremdkapital eingesetzt haben, etwa Projektentwickler von Immobilien. Ausgerechnet das sind aber die Beteiligungsmodelle, die höhere Risiken aufweisen als etwa Vermieter von Bürotürmen in Spitzenlagen großer Städte.
Investments, die in fremden Währungen bezahlt werden, dürfen künftig nicht mehr als 30 Prozent ausmachen. Gedacht hat das Ministerium offenbar an Schiffe oder Immobilien, die unter anderem mit Darlehen in Schweizer Franken oder japanischen Yen gekauft wurden und wegen deren Aufwertung in Schieflage gerieten. Doch viele geschlossene Fonds wie etwa im Bereich Immobilien boten dagegen Chancen, im Nicht-Euro-Raum zu investieren. Angesichs der Diskussionen um den Euro war das gerade attraktiv für einige Anleger.
Warum gibt es Extraregeln für Fonds mit nur einem Investitionsobjekt? Sind die Regeln umfassend?
Hamburg-Trust-Chef Hasselbring ist enttäuscht, dass die Politik nicht andere Punkte angeht, nämlich eine radikale Reduzierung anfänglicher Vergütungen und die Einführung erfolgsabhängiger Bezahlung, "damit Anleger und Fondsmanagement wirklich in einem Boot sind".
Glossar der neuen Begriffe
Investmentaktiengesellschaften (Investment-AGs) mit fixem Kapital dürfen nur professionellen Anlegern angeboten werden. Sie entsprechen in etwa den bisherigen, vor allem im Ausland üblichen Investmentfonds, bei denen keine neuen Anteile geschaffen werden konnten (Closed-End Funds).
Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital sind eine besondere Art einer Aktiengesellschaft. Eine Investment-AG ist grundsätzlich für Privatanleger gedacht und entspricht am ehesten den bisherigen Investmentfonds. Die Gründer beziehungsweise Funktionsträger halten Unternehmensaktien mit Stimmrecht. Für die Anleger sind stimmrechtlose Anlageaktien vorgesehen. Sie dürfen auch nicht an der Hauptversammlung teilnehmen. Dafür müssen sie mindestens einmal im Jahr ein Rückgaberecht bekommen. Spezialinvestment-AGs sind professionellen Anlegern vorbehalten.
Offene Investmentkommanditgesellschaften (Investment-KGs) dürfen nur professionellen Anlegern angeboten werden. Sie sind vor allem für Altersvorsorgevermögen (Pension-Asset-Pooling) gedacht.
Geschlossene Investmentkommanditgesellschaften entsprechen den bisher üblichen geschlossenen Fonds in Form von Kommanditgesellschaften. Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind demnach nicht mehr als Anlagevehikel erlaubt. Geschlossene Spezialinvestmentkommanditgesellschaften stehen nur professionellen Anlegern offen. Publikumsinvestment-KGs müssen einen Aufsichtsrat haben. Das ist neu bei geschlossenen Fonds.
Investmentvermögen (offen und geschlossen) ist der neue Oberbegriff für offene Investmentfonds und alternative Investments. Offen werden solche Investmentvermögen genannt, bei denen die Anleger mindestens einmal pro Jahr ein Rückgaberecht haben. Alle übrigen gelten als geschlossen. Nur Publikumsinvestmentvermögen sind für Privatanleger gedacht.
Master-Fonds und Feeder-Fonds bilden eine Art Dachfondsstruktur: Die Feeder-Fonds investieren in einen Master-Fonds und erwerben damit Anteile daran.
ÖPP-Projektgesellschaften dienen dazu, Anlagen oder Bauwerke für öffentliche Aufgaben im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften zu bauen, zu sanieren oder zu betreiben. Sie zählen zu den erlaubten Investments, spielten bislang aber kaum eine Rolle.
(Kapital-)Verwaltungsgesellschaften heißen bislang Kapitalanlagegesellschaften bei offenen Fonds. Bei den geschlossenen Fonds umfasst der Begriff das, was sich die Europäische Union in ihrer Richtlinie als Manager der alternativen Investments vorstellt.
Verwahrstellen achten darauf, dass die Investments nicht zweckentfremdet werden. Sie müssen unabhängig von den Anbietern der Investmentvermögen sein. Bei offenen Fonds ist das nichts Neues, sie hießen bislang aber Depotbanken. Bei geschlossenen Fonds gab es so etwas bisher nicht.
Wichtige Abkürzungen
A|I|F bezeichnet alternative Investmentfonds (englisch: Alternative Investment Fund). Darunter fallen zum Beispiel Hedge-Fonds und geschlossene Fonds. Ein EU-AIF ist ein Angebot aus einem anderen Land der Europäischen Union.
A|I|F|M beschreibt den Alternative Investment Fund Manager, also den Fondsmanager des alternativen Investments. Nach ihm ist die EU-Richtlinie AIFM benannt.
K|A|G|B ist die Abkürzung für das neue Kapitalanlagegesetzbuch. Das Investmentgesetz wird dafür aufgehoben.
O|G|A|W ist die Abkürzung für Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere. Gemeint sind in erster Linie offene Investmentfonds. Ein EU-OGAW ist eine Offerte aus einem anderen Land der Europäischen Union. Es gibt auch eine OGAW-Richtlinie der EU, die die Bundesrepublik durch das Investmentgesetz umgesetzt hat.
